Mittwoch, 25. Mai 2022

Mit dem ist gut Kirschen essen

 Zugegeben, das Sprichwort aus der Überschrift war eher einige Generationen früher populär. Aber da ich ja auch ein wenig ein Sprachbewahrer sein möchte, benütze ich in meinen Post auch gerne mal althergebrachte Redewendungen.

Die Kirschen in Nachbars Garten schmecken
immer süßer, meint ein anderes
Sprichwort - über Neider. Der Fredo zeigt
diese Charakter-Schwäche gewiss nicht!
Foto. Claus Deutelmoser

Diese Übereschrift ist aber eine aktuelle Huldigung an den Fredo. Auf der Burg kommt keiner in unserem Alter daran vorbei, gelegentlich Hilfe in Anspruch zu nehmen- Wir kennen den Fredo seit mehr als zwei Jahrzehnten. Damals noch als junger Mann fiel er uns durch seinen herrlichen Bariton auf, wenn er leise nach seiner Tante rief. Seine Tante kam, als sie noch hier oben lebte, als unermüdliche Seelensammlerin in meinen Briefen vor. Sie ging recht streng mit ihrem Neffen um, obwohl der ihr gegenüber von unermüdlicher Hilfsbereitschaft war. Das hatte nichts damit zu tun. dass sie als Kind  beim Spielen mit einer Granate einen Unterarm verlor und fortan verbiestert war. Auch weil sie eine Prothese tragen musste, war sie ja nie schlecht gelaunt. Sondern im Bewusstsein ihres unerschütterlichen Glaubens, wollte sie als Sonntagsschul-Lehrerin mit Strenge die Kinder des Dorfes in jenen Lockeren Zeiten auf Spur bringen. Den gerade verstorbenen Vicenzo - als der schon grauhaarig war - kanzelte sie auf der Piazza einmal für sein heimliches Rauchen ab, obwohl er seine Zigarette längst ausgemacht hatte, als er sie in der unteren Gasse aus ihrem Haus treten hörte...

Aber zurück zu Fredo. die Jahre gingen ins Land. Die Tante musste nach einem Hausunfall ins Altersheim, in dem sich unwesentlich später, ihre Schwester, Fredos Mutter. zu ihr "gesellte". Es spielte dort keine Rolle, ob sich die Schwestern grün waren oder nicht. Sie landeten im gleichen Zimmer. Dem Hörensagen nach haben sie diese "Heimsuchung" im Alter wohl als Willen Gottes akzeptiert.

Aber was macht der Mittfünfziger Fredo nun mit seiner unbeanspruchten Fürsorge. Was wäre dieser Mann mit seinem freundlichen Gemüt für ein Vater und Ehemann geworden? Aber dass die Rockzipfel einer Mutter recht klebrig sein können, habe ich bei gestandene Männern in meinem Freundes- und Bekanntenkreis mehr als ein Dutzend mal erlebt.

Meine fürsorgliche Ehefrau und Fredos Fürsorge haben sich gesucht und gefunden. Und der eigentliche Profiteur davon bin vor allem ich, Seit ich schmerzbedingt manches nicht mehr schaffe, hilft er gerne. Die Cantina musste von den Überbleibseln der Jahre befreit werden. Fredo und ein Freund hatten sie in Windeseile entrümpelt. Unser Lorbeer-Baum auf der Piazza wurde samt Terrakotta-Kübel vom Wintersturm zertöppert; über Nacht war er entsorgt. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass der Fredo auf seinem Grundbesitz irgendwo eine Stelle gefunden hat, wo er versucht, den alten Lorbeer noch einmal aufzupäppeln.

Und jetzt zurück zur Überschrift. Außer für sein hervorragendes Öl will er von uns nie Geld annehmen Ganz im Gegenteil wir bekommen noch Zuwendungen aus den Gärten der beiden Schwestern, die er hingebungsvoll betreut. Jetzt im Mai stand auf einmal ein großer Teller erntefrischer Kirschen auf dem Tischchen vor der Haustür. Da meine Frau allergisch auf Kirschen reagiert, kaufen wir sie nie. Aber ich weiß, wie die Preise auf dem Markt in zwei Jahrzehnten explodiert sind. Das Pflücken geht ja nur in Handarbeit.

Da kam mir der Gedanke, einmal nachzuforschen welchen Ursprung diese alte Redensart hat. Es stellte sich heraus, dass Kirschen schon immer eine besondere Kostbarkeit waren, und dass einer, mit dem gut Kirschen essen war, sich durch Gastfreundschaft, Ruhe und Großzügigkeit auszeichnete.

Besser ist der Fredo, wohl nicht zu beschreiben.

Leider gibt es keine adäquate, sinngebende Übersetzung ins Italienische.

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