Montag, 23. Mai 2022

Denke ich, ich bin, nur weil ich noch denken kann?

René Descartes
1596 bis 1650
 Cogito -  ergo sum! Mein alter Philosophen-Kumpel René Descartes hat an diesem Satz im17. Jahrhundert sein ganzes Denken fest gemacht. Ich denke, also bin ich?
Ich glaube, dieser Grundsatz ist in der Gegenwart kaum noch ausfüllend. Zum einen, weil wir meistens viel älter werden, als der gescheite Franzose, und zum anderen, weil wir vielleicht gerade noch in einer Zeit leben. in der die Gedanken einigermaßen frei sind... Descartes lief nicht Gefahr, der Demenz oder den Gebrechen des Alters anheim zu fallen und ihm blieb die lähmend lange Phase eines "verdienten Ruhestands" erspart.
Die Weisheit des Alters, die auch einen gesellschaftlichen Respekt bedeutete, ist nur noch in Ausnahmefällen anerkannt.
Neulich wurde Klaus von Dohnanyi in einer dieser mittlerweile ätzenden Talkrunden zum Ukraine-Krieg zugeschaltet. Der ehemalige Bürgermeister von Hamburg ist mit seinen 93 Jahren dialektisch und argumentativ derart präsent, dass sich Olaf Scholz da mal ein Beispiel dran nehmen sollte.  Und von Dohnanyi schreibt immer noch analytisch eindringliche Bücher (Nationale Interessen. Orientierung für deutsche und europäische Politik in Zeiten globaler Umbrüche. Siedler Verlag, München 2022, ISBN 978-3-8275-0154-7.)
Klaus von Dohnanyi
Fotos: wikipedia

Seht ihr! Da sind mir schon wieder die Gedanken davon galoppiert und haben sich gegenseitig auf die Überholspur gedrängt. Das passiert eben, wenn man zu viel Zeit zum Nachdenken hat. Denn eigentlich wollte ich über das schreiben, was mich gerade beim Morgenkaffee auf unserer Piazza-Bank umtreibt und mit der Endlichkeit unseres Daseins zu tun hat. Der Karten- und Kater-Freund Vicenzo ist im vergangenen Winter überraschend schnell gestorben. Die ruhepolige Lebend-Installation auf unserer Piazza fehlt, und in die Nachbarschafts-Lücke ist ein habgieriger Bruder gezogen, der auf Ärger gestriegelt ist. Das sind mit der "Tür der Zwietracht" also schon zwei weitere Störfaktoren. Als reichte es nicht. dass der wesentlich jüngere Ehemann von "La Perla" als Einzelkämpfer jetzt ein weiteres Haus um die Ecke renovieren muss. Nur weil ihr Hoteliers-Sohn aus Rom wohl unmissverständlich nicht noch einen weiteren Sommer sein Wohnrecht mit dem gleichaltrigen Schwiegervater und seiner Mutter  teilen. wollte.

Da sich ja auch der Sindaco immer wieder in die Belange unserer Piazza einmischt, kam der vom einsamen Renovieren erschöpfte Daniele zu mir, und meinte wir drei verbliebenen Parteien sollten doch einfach die "Republica della Piazza Castello" gründen und einen unabhängigen Status wie San Marino anstreben....

Wir stecken hier oben mitten in einem kleindörflerischen Generationsproblem. Da hilft kein Denken oder Philosophieren da müssen die jungen Haie ran. Und wenn es nur um den vierten Mann beim Kartenspielen ginge...

Warten auf due jungen Haie
paint-collage Claus Deutelmoser

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