Freitag, 15. April 2011

Von wegen Don Camillo!

Manchmal wünschte sich auch der Agnostiker, er könne besonders großartige Momente einer wie auch immer gearteten Gottheit zuordnen. Aber dann kommen hier ins mittelalterliche Ambiente via Breitband-Flatrate-Internet  und TV-Satellitenschüssel Bilder aus Japan oder Berichte von Kindermorden in Deutschland. Schon möchte ich nicht mehr brgreifen, wieso die möglicherweise himmlischen Mächte gleichzeitig hier die Sonne über verschneite Bergspitzen und Dörfer scheinen lässt, die wie funkelnde Schmuckstücke im immergrünen Samt der Olivenhänge stecken...

Die mittelalterliche Bewohner unseres Wehrdorfes, hatten es da leichter, in ihrer isolierten Sicht der Welt an Schutz und Segen von oben zu glauben. Sie fürchteten nichts als plündernde Piraten und die kalten Stürme, die entweder als Scirocco von südsüdost den roten Saharasand blutenden  oder als Tramontana Schneemassen oder schlimmer noch Taubenei großen Hagel in die Oliven peitschen. Ja und dann die oft monatelange Trockenheit!

Blieben sie von den schrecklichen Dreien verschont, dann dankten sie Gott. Und zwar so inbrünstig, dass der grad mal zwei Fußballfelder große Borgo, der sich hier an den Felsgrat klammert, über drei Kirchen innerhalb der Mauern und zwei Wallfahrtskapellen in der Campagna verfügt.
Zu den eigentlichen Gottesdiensten müssen die Gläubigen heute aber über steile Treppen oder die beiden Serpentinen der Straße in den Hauptort zur großen Barock-Kirche hinunter. Die Kirchlein hier werden lediglich noch für Gebetsstunden, Aufbahrungen und - an den spezifischen Feiertagen  für deren Schutzheiligen -  nur einmal im Jahr geöffnet.

Der Priester schafft ohnehin mit seinem kleinen Flitzer eine logistische Meisterleistung, denn er bedient ja nicht nur die Kirche im Capo luogo, sondern auch die beiden anderen großen Kirchen, der in Sichtweite liegenden zum Sprengel gehörenden Nachbarorte.

In den Filmen über Don Camillo und seinen Widersacher, den kommunistischen Bürgermeister Peppone, die als ich Kind war, unser romantisches Italienbild prägten, schien die Welt zwischen Glauben und Politik trotz deren Streitigkeiten noch so, wie man es gewohnt war. Notfalls fuhren die beiden Streithähne gemeinsam nach Rom. Der eine in den Vatikan, der andere zu den Genossen in der Zentrale der PCI.

Aber heute? Die Romanhelden von Giovannino Guareschi würden sich in der heutigen Realität vermutlich noch schwerer tun.


Von wegen Don Camillo! Unser allseits beliebter Pfarrer. der sich übrigens nicht zu schade ist, den steilen Weg hier herauf zu kommen. um unter anderem auch das Haus des ortsbekannten Agnostikers zu segnen, ist schwarz. Er ist ein Tamile, der besser Italienisch spricht als die meisten Einheimischen, und der trotz der sprichwörtlichen Fremdelei der ligurischen Bergbewohner eine unbestrittene Respektsperson über die Instanzen hinweg darstellt. Er begegnet unserer Bürgermeisterin, einer blutjungen Advokatin, die auch ohne weiteres als Model Karriere hätte machen können, voll emanzipiert auf Augenhöhe.

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