Sonntag, 4. September 2011

Bei allen Heiligen!

Johannes der Täufer       Digitally Your's Art-Series
Da kann eine schon mal durcheinanderkommen - mit 92 Jahren! Gestern marschierte Eulalia mit ihrem Stöckchen über die Piazza, um ihren klassischen Stop bei der "Seelensammlerin" einzulegen. In jüngster Zeit zeigt sie immer häufiger in den Himmel und spricht  mit dramatischer Stimme vom "Signor", der sie nun wohl bald zu sich holen wolle. Sie ist absolut klar im Kopf, und selbst den steilen Weg zum Horto der hundertjährigen Geschwister am oberen Dorfrand nimmt sie noch behender als manche der jungen Burgbewohner.
Aber gestern musste ihr der Agnostiker nun doch mal sanft in einer Frage der religiösen Mythologie widersprechen: Als sie nämlich der zweitbesten aller Ehegesponse - getauft unter dem Namen der heiligen Elisabeth - bekundete, Elisabetha sei ja die Mutter vom Vater des Herrn gewesen, worauf sie ja sehr stolz sein müsse.
Wie schon früher beschrieben, kann es sehr verwirrend sein, bei all den Heiligen, die diesen Borgo beschützen.
- Und bei den vielen Kirchen, die dieser drei Fußballfelder große, alte Ort sein Eigen nennt. Da hätten wir an der oberen Piazza "Santa Anna" und am unteren  Dorfeingang "San Giovanni Battista", "San Lorenzo in Horto" in den darunter liegenden Olivenhainen und Gärten, und die Fragmente der ältesten Kirche an unserer Piazza, die ich wegen Kolumbus' diffuser Geburt einfach mal "San Christoforo" zuschreibe, was natürlich aus der Sicht von Gelehrten nicht die feine historische Art ist. Auch die gerade renovierte Kapelle an der Kurve zur Konsortiumsstraße darf nicht vergessen werden...
Apropos diffuse Geburten: Elisabeth, die der Legende nach in späten Lebensjahren ebenfalls eine Prophezeiung hatte, sie werde einem Sohn das Leben schenken, brachte demnach eher "Johannes den Täufer" zur Welt. Hingegen sind die Evangelien im Hinblick auf den Vater Josefs sehr widersprüchlich.
Demzufolge zeugte nach Matthäus 1, 16 Jakob den Josef, während Lukas einem Elis dessen Zeugung zuschreibt. Aber angesichts der "Stiefvaterschaft" Josefs gegenüber Jesus und der Beteiligung des "Heiligen Geistes" bei der Zeugung, gewinnt die sich von Forschern aus der aramäischen Übersetzung abzuleitende Version an Logik, nachdem der Mann an Marias Seite möglicherweise ihr Vater war, also der Vater der Jungfrau Maria, die unehelich mit einem gesegneten Knaben niederkam. Soll ja vorkommen.
In biblischen Quellen findet sich nämlich kein eigentlicher Hinweis auf die Eltern von Maria, die später als Anna und Joachim in die Mystifizierung eingingen. Anna könnte in dem Verwirrspiel also auch die Ehefrau von Josef gewesen sein, was wiederum den seit dem Mitelalter vor allem in der Malerei und Bildhauerei immer stärker aufkommenden "Selbdritt"-Kult plausibel machte. In diesen Darstellungen steht Marias Mutter Anna der heiligen Jungfrau und dem frisch geborenen Jesus zur Seite.Erwachsene Männer fehlen da stets - heutzutage auf  Geburtsfotos undenkbar.
Da eine heilige Anna auch im Leben meiner sehr gläubigen Frau  und dem meinen (dem eines Agnostikers), eine wichtige Rolle gespielt hat, habe auch ich mich mal "malerisch" mit einem Entwurf, einem "progetto" auf des Thema "Selbdtitt" eingelassen. Meine Frau hasst dieses immer noch nicht fertige Bild und hat es zum ewigen Verbleib in der Cantina verbannt.
Es zeigt eine sehr alte Anna mit durchaus sorgenvoller Miene, eine prallbrüstige Maria, die gerade gestillt hat und nicht so aussieht, als hätte sie das ihr Geschehene bereits voll überrissen. Aber das liebe Jesulein, das sich gesättigt auf Marias Schoß räkelt und sich super amüsiert,wird hoffentlich mal als die bestgelaunte Christus-Darstellung in die Kunstgeschicht eingehen.

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