Dienstag, 27. August 2024

Kleidung im Klimawandel

  Egal in welcher Gewichtsklasse ich mich bewegte, von klein auf war ich ein Schwitzmonster. Bei meiner beruflichen Tätigkeit im Sport fiel das nicht weiter auf, aber später bei offiziellen Anlässen in großer Hitze kam es immer wieder zu Peinlichkeiten. 

Einmal auf Sri Lanka war ich zur offiziellen Eröffnung einer Ferienanlage eingeladen, die durch den Ministerpräsidenten vorgenommen werden sollte. Ich fragte, als ich ein paar Tage davor in Kandy war, den Hausschneider meines Hotels, was denn in Anbetracht der Hitze und der hohen Luftfeuchtigkeit die Würdenträger zu so einem Anlass trügen, und ob ich denn so einen von ihm bekommen könnte. Quasi über Nacht bekam ich auf Maß zwei  weiße Parliament-Anzüge aus einem leichten Kattun.

Die Feierlichkeiten fanden unter freiem Himmel statt. Ich war natürlich der einzige Ausländer der nicht im dunklen Anzug erschien. Viel schlimmer aber war, dass ich nach nur fünf Minuten aussah, als nähme ich an einem Wet-T-Shirt-Contest teil.

In Bangkok verpasste ich wegen meines morgendlichen Fotografierens die offizielle Limousine für einen offiziösen Besuch im Königspalast Chitralada. Ich eilte ins Hotel zurück, duschte und zog mir einen sündteuren, weißen Zweireiher aus Irischen Leinen an. Weil ich kein Taxi fand, nahm ich ich ein Tuc-Tuc. - Schwerer Fehler! Ich war noch keine zehn Minuten im Verkehrs-Chaos unterwegs, da hatte sich der einst so elegante Anzug im Smog vermischt mit meinem Schweiß in ein graues Schlabberding verwandelt. Zudem hatte der Sitz des Tuc Tuc auf meine gesamte Rückenpartie schwarz abgefärbt. Ich drehte um und gab das traurige Etwas in die Hotel-Reinigung. Was ich zurück bekam hätte nur noch einem Schuljungen gepasst.

In den Tropen blieb meine Arbeitskleidung
ja auch nicht lange so propper...
Wieso ich mich gerade jetzt daran erinnere?

Nach mittlerweile 40 Tagen mit Mittagstemperaturen über 30 Grad mache ich mir ernsthaft Gedanken, wie sich unsere Kleidung im Klimawandel  wandeln muss, um noch halbwegs "Contenance" zu bewahren. Manche Nachbarn hier erkenne ich gar nicht mehr, wenn ich sie in der Stadt treffe. So sehr habe ich mich an ihren Burg-Look in flatternden, kurzen Sporthosen kombiniert mit verwaschenen Shirts gewöhnt, dass ich grußlos an ihnen vorbei gehe. Aber auch die müssen ja meine Outfits ertragen, wenn sie die Piazza queren. Denn hier oben trage ich mit nichts darunter Kaftans und Burnusse aus dem Dritte-Welt-Laden, die denen vermutlich anmuten als sei ein Jedi-Ritter aus den StarWars hier gelandet.

Der Jedi-Ritter von Castello

Quelle: Deutschlandfunk
Wie Duane Hanson uns Freizeit-Menschen sah
Natürlich sehen wir alle in Freizeit, Urlaub oder Ruhestand irgendwie komisch aus. Aber je älter ich werde, desto mehr achte ich darauf, dass ich, wenn ich mich talwärts bewege, immer lange Hosen, ein richtiges Hemd und zum kaschieren der Schweißflecken zumindest eine Weste trage. Mir würde es nie einfallen in Adiletten mit weißen Socken und Tennis-Shorts in unseren Dom zu gehen, wie ich es neulich erst gesehen habe.

Zur persönlichen Abschreckung schaue ich mir immer wieder Fotos von den Skulpturen des leider zu früh verstorbenen Amerikanischen Künstlers Duane Hanson an.

Aber vermutlich werden wir uns den Luxus individueller Kleidung sowie so nicht mehr lange leisten können. Schon jetzt pustet die weltweite Textil-Produktion mehr CO2 in unsere Atmosphäre als alle Flugzeuge und Kreuzfahrtschiffe zusammen. Angeblich - so die Statistik - ist die Herstellung von  nur 10 Jeans gleichzusetzen mit dem CO2-Auststoß eines Fluges von Berlin nach München.

Je kurzlebiger Mode-Trends sind, desto schneller verändern sie unser Klima. Das ist sicher.

Quelle: freepik
1,2 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalente setzt die Textil-Industrie
an Treibhausgasen in unserer Atmosphäre frei - meist für Fastfashion


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen