Eine lebenslange Freundin aus Buchhändler-Tagen lenkt fast jedes Jahr, bevor wir nach Italien aufbrechen, durch Buchgechenke meine Aufmerksamkeit auf zeitgenössische italienische Literaten. Durch sie lernte ich die Romane von Milena Agus kennen. Jetzt also dieser Roman, der mich auch daran erinnert, dass ich mit ihrem längst und viel zu früh verstorbenen Mann die Route einst zu unseren Skitests fuhr.
Ich gestehe, Marco Balzano, Jahrgang 1978, ist mir durch meine Lesefaulheit der vergangenen Jahre einfach entgangen.
Der preisgekrönte Literat aus Mailand ist Gymnasial-Lehrer für Literatur. Hoffentlich sind sich seine Schülerinnen und Schüler dessen bewusst, dass sie da einen Lehrer haben, der ein absoluter Ausnahmekönner ist
"Ich bleibe hier" ist ein Geschichtsbuch, das am Leben einer Dorfschul-lehrerin nicht nur das wechselhafte Schicksal Südtirols, sondern auch die rücksichtslose, ökologische Einflussnahme zwecks Energie-Gewinnung thematisiert. Das Gefühl für Heimat in einer fremden Nation wird zudem durch die gegenläufigen geschichtlichen Einflüsse permanent derart zersetzt, dass neben dem Besitz auch die Identitäten abhanden kommen. Dass ausgerechnet ein Italiener derart einfühlsam die Seelen-Qual der Südtiroler im vergangenen Jahrhundert beschreibt, macht diesen Roman doppelt wertvoll.
Das Buch erschien 2022 bei Diogenes, ist also auch politisch brisant aktuell. Mein Prädikat: Äußerst lesenswert!
Gebt mir bitte Feedback, wenn Ihr es lesen solltet.
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