Muss man machen? Hektisch herum hasten? - Lieber langsam das Leben lieben?
Ach, ihr wundersamen Wellness-Wanderprediger im erwerbsfähigen Alter - was wisst ihr denn schon wenn ihr eure "Ratgeber" verfasst?
Sollte jeder doch immer froh sein, mit dem was gegeben ist.
An alle Diät-Apostel da draußen: Ich habe mich im Kopf mit meinen 30 Kilo zu viel echt wohler gefühlt!
Den Begriff Dünnhäutigkeit spüre ich erst jetzt täglich am ganzen Körper, dabei habe ich ja immer noch 100 Kilo:
Ich bin unwirsch, wo ich eigentlich doch gerne wirsch wäre, aber wirsch gibt es eben nicht (auch so ein Rätsel dieser Sprache, in der ich seit über 60 Jahren schreibe).
Mehrmals am Tag fahre ich wegen kleinster, störender Kleinigkeiten buchstäblich aus dieser Haut, die mit den letzten Fettpolstern in alter Dehnung um mich herumschlabbert.
Gut, über den Torverhinderungs-Rasenschach-Fußball, der gerade gespielt wird, muss man sich wirklich nicht mehr aufregen. Aber darüber, dass die, die ihn zelebrieren, damit auch noch weiterkommen - schon!
Bei den politischen Strömungen, die ich nicht mehr nachvollziehen kann, weiß ich ja auch, dass ich nichts mehr ändern kann. (Nebenbei bemerkt - Französinnen und Franzosen - bien faite!)
Wieso will ich greisenhaft - wie ich mich allmorgendlich im viel zu großen Badezimmer-Spiegel sehe - darauf bestehen, nicht mehr so boshaft zu sein?
Weil ich von so vielen lieben Menschen hier umgeben bin (abgesehen von dem, der unseren Basilikum zerstört und eine halb verweste Ratte vor die Haustür gelegt hat...).
Wir haben hier ein "Social Life", an das wir in München schon längst nicht mehr gewöhnt sind. Wenn wir mit einem Drink an unserem Tischchen auf der Piazza sitzen, bleiben wir selten allein. Ohne Gelassenheit allein zu sein, führt zu grollendem Grübeln, meinen die.
Also um Frankreich und Marcel Proust zu huldigen: gehe ich täglich wieder auf die Suche: A la Recherche du Temps perdu...
Ich stöberte ja durch alle unseren engen Gassen, fände ich dort meine Gelassenheit wieder. Wenn ich sie doch nur irgendwo liegen gelassen, also lediglich vergessen hätte. Aber offenbar habe ich meine Gelassenheit los gelassen. Sie ist mir entfleucht, und wird so, wie sie einst war, wohl nie mehr wieder kommen.
Gelassenheit gibt's ja mittwochs nicht als wohlfeile Ware auf dem Markt. Gelassenheit kann ich auch nicht wie meine Kräuter auf der Treppe heranzüchten. Ich muss sie wieder mit meinen Synapsen entwickeln. Aber dazu brauche ich eben Zeit, ein Quantum von der, die mir noch bleibt als "Entwicklungshilfe".
Habe ich schon eine Ahnung gehabt, was bald mit mir sein wird? Vor 23 Jahren schrieb ich dieses Lied:
Ich fuhr auf Wolkenschiffen
Auf unserer Dachterrasse fühle ich mich bei dem merkwürdig wechselhaften Wetter immer häufiger wie der Kapitän auf der Brücke eines Schiffes, das sich in den Bergen gestrandet durch Wolkenberge kämpft |
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen