Freitag, 19. Juli 2024

Die Schatten-Zocker-Runde im Geviert

Ach wie liebe ich "La Vita Sociale" auf der Piazza. Ist ja sonst nix los in dieser Borgata. Weil die, die sich das noch zutrauen, ihre gebrechlichen Körper unten an den Stränden der Sonne aussetzen. Oder wenn jünger, müssen sie ja alsbald wieder arbeiten und nutzen die wenigen Tage eben für ein volles Programm, und da passt ein Mußestündchen auf der Piazza allenfalls nach Mitternacht, wenn alle schlafen. Abendstille ist hier ja jeden Tag ab acht. Gut, dass sich da die Scopa-Spieler-Society der Ureinwohner wieder pünktlich jeden Tag - bewaffnet mit Tischlein und Stühlchen -  um vier einfindet und mit dem Zocken beginnt.

Das Spiel ist ja - wie im Post "Hai-Alarm" berichtet - für Außenstehende nicht so leicht zugänglich. Wir müssen uns auf das Beobachten beschränken und stellen fest, wie ruhig die Runden ablaufen. Chiacchierata, also Quatschen, darf nur in den Pausen sein. Oder wenn sich einer zum wiederholten Mal beim Zusammenzählen vertut, So eine Art "Nachtarocken" - wie bei deutschen Kartenrunden - ist unserem Gehör nach eher selten.

Apropos Runden: Die Runden werden rund ums Geviert gespielt. Das liegt am jeweiligen Stand der Sonne. Denn da das Gezocke von vier bis acht gehen kann, könnte direkte Sonneneinstrahlung bei den Betagten, die gerne mal an die 300 Jahre an die Tische bringen, ja Matschbirnen erzeugen. Da ginge ja das Auszählen gar nicht mehr. Dazu muss jeder Spieler oder jede Spielerin auch viel zu konzentriert sein, um rechtzeitig "Scopa!!!" zu rufen, wenn der entscheidende Stich gemacht wird.

Es gilt daher, die Tischlein und Stühlchen im Uhrzeigersinn an der Außenkante der Piazza entlang zu rücken. Wenn der im Dauerstreit mit der Verwandtschaft liegende, aus Rom angereiste Sohn der ältesten Spielerin  hier ist, wird deshalb zur Streitvermeidung direkt unter unserem Küchenfenster und so nah an unserem Kräuter-Eck begonnen, dass man dessen Töpfe auch gerne mal als Aschenbecher benutzt. Mitunter rücken sie sogar so nah an die Küchentür, dass ich die diversen Runden schon mal scherzhaft auffordern wollte,  an unserem Küchentisch weiter zu spielen.  Dann säßen sie auch praktischer Weise in der Nähe kalter Getränke. Aber das sag ich natürlich nicht, weil mein Speisekarten-Italienisch für Sarkasmus nicht ausreichend ist, um todfeindliche Missverständnisse zu vermeiden.

Jetzt, da die Sonne schon wieder früher untergeht, endet die Schatten-Zockerei unmittelbar an der Fontana. Pech für die, die Wasser zum Trinken oder Blumengießen benötigen. Die müssen zumindest warten, bis das aktuelle Spiel zu ende ist.

Hier findet ihr meinen ersten Post zum Thema:  "Hai-Alarm", vom 26. September 2021.
Oder Interessierte probieren, Scopa mal online zu spielen, um nicht so ein Karten-Doofmann wie ich zu bleiben: https://play.google.com/store/apps/details?id=com.epochalstorm.scopa&hl=gsw&pli=1 

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