Dienstag, 30. Juli 2024

Nacht 25 Grad, Mittag 33 Grad, Luftfeuchtigkeit stetig über 60

 Früher sprachen die Menschen bei Werten wie in meiner Überschrift von tropischen Verhältnissen. Aber seit gestern in Düsseldorf zum dritten Mal in Folge diese, unsere Verhältnisse hier von der Burg übertroffen wurden, wird das als paneuropäischer Sommer vermutlich Standard.

Quelle: pixabay
Experten haben exakt vorher gesagt, dass 2024 einen neuen Hitzerekord aufstellen wird, denn elf  viel zu warme Monate in Folge haben den Nordatlantik derart aufgewärmt wie seit vierzig Jahren nicht mehr. Das Meer an flachen ligurischen Stränden erreicht jetzt schon Badewannentemperatur. Der Durchschnitt  der Wasser-Wärme liegt derzeit bei 28. Grad, aber die Hitzewelle hat ja erst begonnen.

Was in diesem Jahr auffällt, ist die vorherrschende, absolute Windstille. Noch nicht einmal im Morgengrauen bewegen sich die Vorhänge im Schlafzimmer durch den sonst kühlenden Steigungswind. Dafür gibt es eine "brezza tesa" um die Normalzeit mittags. Sie kündigt einen verheißungsvollen Wolkenschleier an, der sich bis etwa vier Uhr nachmittags über den gesamten Himmel zieht und nach Gewitter oder zumindest etwas Regen aussieht. Stattdessen gibt es aber nur eine Steigerung der Luftfeuchtigkeit auf über 80 Prozent: Quasi ein Aufguss in der Natur-Sauna

Die Empfehlungen, die Ratgeberseite für die Getränkemenge älterer Leute ausgeben, scheinen im Moment absolut obsolet. Obwohl wir das Haus - wenn wir es vermeiden können - zwischen zehn und 19 Uhr nicht verlassen, schwitzen wir ja stündlich am ganzen Körper mindestens einen Liter aus; nächtens vermutlich immer noch die Hälfte.

Ich entsage daher der Happy Hour und trinke außer einem Bier nach dem Abendessen derzeit keinen Alkohol. Trotzdem lande ich bei etwa 5 Litern Flüssigkeit und bin dann in der Nacht aber immer noch durstig. Überraschend schlafen wir immer noch gut und erholsam. Wie lange noch, ist aber fraglich.

Ich habe einen Trick, um weniger unter den Tropennächten zu leiden: Ich versuche mich einfach an nächtliche Temperaturen zu erinnern, die ich schon aushalten musste, als ich noch gearbeitet habe. Heute bedauere ich all jene Nachbarn, die bei diesen Temperaturen, die Zeit nutzen müssen, um Ausbesserungsarbeiten an ihren Anwesen vorzunehmen.

Um kurz vor eins stiefelte gestern "der ewige Baumeister" Giovanni über die Piazza, um die Fontana leer zu trinken: Mit nackten Oberkörper, unter den bleichen Blähbauch gerutschten Bermudas und einem glitzernden Faschingshütchen auf dem Kopf. Die Rücken-Ansicht als er ging, hätte eine köstliche Karikatur ergeben. Vielleicht liefere ich die noch nach, wenn ich mich endgültig in das kühle Felsgewölbe unserer Cantina flüchte, der Gruft meiner gescheiterten Ambitionen als Maler.

P.S. Das Extremste, was ich mir an Temperaturen bislang zumutete: Innerhalb von nur 72 Stunden reiste ich bei -29 Grad trockener Kälte im Finnischen Tahkovuori ans Ufer des Sambia-Rivers im Senegal bei 42 Grad mit nahezu absoluter Luftfeuchtigkeit...

Sonntag, 28. Juli 2024

Doping: Windmühlenflügel-Kämpfe, Schein-Erfolge und Vertuschungen

 

Quelle: Deutschlandfunk

In kritischen Zeiten verlangen die Völker von ihrer Führung, dass Helden generiert werden, damit an deren Verehrung von anderen Dingen abgelenkt wird.  Wie das erreicht wird, ist den Mächtigen egal. Und trotz aller ehernen Maßnahmen und Lippenbekenntnissen werden dabei mehr verbotene Mittel eingesetzt  denn je. Egal ob im Sozialen oder im Sport.

Seit "panem et circenses" in den römischen Arenen oder den Ur-Olympiaden der griechischen Antike treibt die Herrschenden dabei nicht edle Größe an, sondern schlichtes Kalkül und politischer Machterhalt durch pompöse Zurschaustellung. Alleinherrscher wie Hitler, Putin und Xi nutzen die Plattform Olympischer Spiele als Demonstration ihrer politischen Wichtigkeit. Und wie stets werden sie dabei von den korrupten oder korrumpierten Granden des IOC hofiert. Denn der Sport ist und bleibt (nach dem Führen von Kriegen) die größte globale Geldmaschine.

Quelle: FAZ.net
Nur Narren hätten geglaubt, dass das unter einem Deutschen an der Spitze des Sports besser werden würde. Da braucht sich jeder nur den Kotau des IOC-Präsidenten Dr. Thomas Bach vor dem Autokraten Xi in Erinnerung zu rufen...  Aber, dass sich die bislang unter dem Mantel der Unanfechtbarkeit agierende WADA, die Welt-Anti-Doping-Agentur, in diesen politisch aufgeweichten Sumpf rund ums Breitband-Doping hineinziehen lässt, ist ein Offenbarungseid für den "sauberen Sport".

Die Pressekonferenz der WADA kurz vor Eröffnung der Pariser Spiele muss wohl ein Panoptikum an Rumdrucksen gewesen sein, wenn man den Berichten der auf Doping spezialisierten Journalisten Glauben schenken darf.

Im Jahr 2021 waren nicht weniger als 23 Chinesische Schwimmer positiv getestet worden, von denen in Paris aber dennoch 11 starten dürfen. Einzelheiten: https://www.sportschau.de/olympia/vor-olympia-in-paris-wada-wegen-fall-china-in-bedraengnis,olympia-paris-doping-china-wada-kritik-pressekonferenz-banka-niggli-100.html

Dieser Sachverhalt zeigt mir, dass sich seit meinen ersten Olympischen Spielen als Berichterstatter 1972 in München im Wesentlichen nichts geändert hat. Und der damalige Olympia-Sieger Bach, der ja unter der "2K-Professoren-Doping-Gilde" (Freiburg, Heidelberg, Köln) damals groß geworden ist, will dem Betrug wohl nicht wirklich einen Riegel vorschieben. War doch vor allem der deutsche Sport vor und nach der Wiedervereinigung nie so sauber, wie man uns mit der plötzlichen Medaillen-Flut danach weismachen wollte.

Fünf Prozent der in Paris an den Start gehenden Athletinnen und Athleten aus so genannten "Risiko-Sportarten" wurden heuer noch nicht einmal getestet!

Nach wie vor gilt: Athleten aus reichen Ländern mit laufender Forschung, wie man am besten dopt, werden nur erwischt, wenn sie sich selbst oder ihre Betreuer beim rechtzeitigen Absetzen verrechnet haben. Es trifft meist Betrüger aus unterprivilegierten Ländern, die auch weniger Zugang zu den neuesten leistungssteigernden Medikamenten haben, von den "Verschleierungs-Präparaten" ganz zu schweigen.

Der erste in Paris Erwischte stammt bezeichnender Weise aus dem Irak...

Wen es interessiert. Hier die aktuelle WADA-Liste.
https://www.wada-ama.org/en/news/wadas-2024-prohibited-list-now-force

Quelle: dreamstime


Freitag, 26. Juli 2024

Wüste Theorien im Kampf gegen Sahara-Staub

 

Quelle: pixabay

In München haben wir nur etwas von Sahara-Staub oder "Blut-Regen" erahnen können, wenn wir auf die geparkten Autos unter uns schauten. Unser Appartement im Glashaus hat Fenster, die nur nach Osten und Norden ausgerichtet sind. Die Wolken, aus denen es Shara-Staub regnet, kommen aber meist aus Süd bis Südwest.


So sehr wir also in der einen Heimat von ihm verschont wurden, bekamen wir es hier rundherum aus allen Himmelsichtungen mit ihm zu tun. Die transportierenden Luftschichten kamen hier oft auch mit den "Ansaugern" vor den Gewittern als Bumerang mit dem Staubregen zurück. Es waren also nicht nur Scirocco oder Libeccio für verkleisterte Fenster oder die grau gesprenkelte Dachterrasse verantwortlich.

Ein paarmal hat es die "Fürsorglichste" mit Schrubber und viel Wasser versucht, aber bei dem vielen Regen im Juni, sah alles Tage später wieder genauso aus.
Aber nun haben wir gran calda, und da löst übermäßiges Wassergeplätscher allein beim Blumengießen schon hysterische Schreie aus den nachbarschaftlichen Gassen aus. Was auch bedeutet, dass die wirkungsvollste Waffe, ein Hochdruck-Reiniger,  wie er nördlich des Alpenhauptgangs empfohlen wird, hier schon gleich gar nicht geht. Aber irgend etwas muss geschehen, wenn unsere rot mit Terracotta ausgelegte Terrasse, nicht bald aussehen soll wie Ardesia (Schiefer). Dringend warnen die einschlägigen Ratgeber-Seiten auch vor trockenem Abreiben der Fenster. Wenn der Micro-Sand trocken abgewischt wirkt er wie Schmirgelpapier und macht die Fensterscheiben blind .

Also habe ich mich mit der Anfrage "cosa fare con la polvere del Sahara" im Internet schlau machen wollen, wie die von ihm so stark betroffenen Italiener*innen mit diesem Problem umgehen. Auf mehren Seiten gewann ich den Eindruck, dass die Einheimischen vor allem Sorge um ihre verschmutzten Autos tragen. An zweiter Stelle rangiert die Angst vor Beeinträchtigung der Atemwege durch die Kombi "Hitze mit Sahara-Staub". Ansonsten lautet der Rat Wasser, Wasser und nochmal Wasser - als hätte es die Knappheit vergangener Jahre, in denen sogar de Strand-Duschen abgeschaltet wurden, gar nicht gegeben. 

Überwiegend kursieren nur wüste Theorien über die besten Mittel gegen die nervige Wüstenfracht. Denn auch die in Eigenwerbung angepriesenen, scharfen Mittel oder lösende Detergenzien sind ja mit Wasser vermischt in den Kreislauf zurück geschickt, nicht im Sinne des Umweltschutzes...

Hier, was ich bei google gefunden habe - zumindest für die Fenster:

Scheiben schonend von feinem Sand befreien
  1. Sprayerdüse auf Sprühstellung drehen.
  2. Zu reinigende Flächen dünn einsprühen und mit weichem Papiertuch oder dem. Microfasertuch PLUS Innen + Scheibe verteilen.
  3. Mit einem neuen trockenen Tuch oder einer trockenen Stelle des Microfasertuches streifenfrei nachwischen.
  4. Und was der ADAC leider auch nur für Autos rät:https://www.adac.de/news/saharastaub-und-autowaesche/
    Quelle: ADAC

Dienstag, 23. Juli 2024

All die ungelesenen Bücher

Manchmal muss ich mir selbst Fragen stellen, für die ich keine Antwort finden kann. Zum Beispiel: Wieso einer, der so einen durchgetakteten Tagesablauf hat wie ich, dass ihn schon die kleinste Abweichung nervös macht, immer noch derart impulsgesteuert sein kann?

Ein halbes Jahrzehnt habe ich "Bücherfresser" von einst kaum noch etwas gelesen, was ich nicht selbst geschrieben habe. Kein prämierter Autor oder preisgekrönte Autorin ist mir früher ausgekommen. Nun habe ich keine Ahnung mehr, wieso einer Büchner-Preisträger geworden ist und was innovative, wortschöpferische Sprache sein könnte.

Dazu müssen meine Leserinnen und Leser wissen, dass wir mehrere hundert Bücher entsorgt hatten, bevor wir hier wieder eine dreigeteilte Bibliothek aufgebaut haben. Am Treppen-Absatz hinauf ins Wohnzimmer versteckt sich ein IKEA-Regal, das mit Büchern zweireihig gefüllt ist, die Gäste oder Nachbarn nach dem Lesen hier zurück gelassen haben. Oben in zwei wunderschönen Mahagoni-Boards sind die Bücher wie früher nach dem Alphabet von links nach rechts fortlaufend bis zu einer letzten Ablage geordnet. Auf der türmt sich Ungelesenes mittlerweile beängstigend, dass demnächst eine(n) auf der darunter liegenden Lese-Couch davon  erschlagen werden könnte.

Ich gestehe, von keinem der Regale ging der Impuls aus, wieder intensiver zu lesen. Es wart ihr - liebe Leserinnen und Leser! Seit drei Monaten steigern sich die Zugriffszahlen für meine drei Bloggs jeweils zweistellig, ohne dass ich etwas an meinem Schreibstil geändert hätte - und gegen den aktuellen Trend zu Podcasts. So sehr ich mich darüber freue, wollte ich doch ergründen, woran das plötzlich wachsende Interesse denn liegen könnte.

Lese-Ecken - wie wir sie uns
einst erträumt haben und 
heute kaum noch nutzen

Gut, dass meine erwachsenen Kinder und Leseratten in der Nachbarschaft immer noch aktuelle und angesagte Bücher kaufen, die sie dann mit und meiner Frau geben. So konnte ich mir zumindest die Frage beantworten, wie man denn heute schreibt. Es waren zunächst drei Autoren, die in jüngster Zeit mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurden. Die meisten sind Österreicher. Sie setzen damit eine Tradition fort, die schon in meiner Zeit als Buchhändler unter anderem mit dem fabelhaften Peter Rosei begonnen hatte.

Aber was ist denn in der Zwischenzeit mit dem Erzählen passiert? Ich nenne jetzt bewusst keine Namen, damit ich nicht in den Verdacht gerate, als selbst Gescheiterter  professioneller Eifersucht anheim zu fallen. Außerdem bin ich inzwischen vielleicht auch schon zu alt und zu wenig sachkundig, um urteilen zu dürfen.

Aber nach meinem Geschmack muss sich Erzähltes regelrecht ergießen. Bewusst heischend Konstruiertes fließt eben nicht, und entscheidend ist, dass man sich selbst Geschichten erzählt und nicht für die Ränge in den Kultur-Arenen schreibt. Von den vierzehn Büchern, die ich nach meinem Neuanfang gelesen habe, wird mir nur Isabel Allendes 2022 erschienene Saga "Violeta" in Erinnerung bleiben. Sicher kein so großes Meisterwerk wie das "Geisterhaus", aber so Süffig, dass man es berauscht nur schwer zur Seite legen kann.

Mein oberflächlicher Eindruck - und der gilt auch für die US-amerikanischen Schriftsteller und Autorinnen - ist der, dass immer häufiger das Schicksal von fiktiven, schreibenden Kolleginnen und Kollegen zum Thema wird, weil die Verfasser damit so schön die eigenen Ängste und Sehsüchte in diesem Metier festmachen kann. Und dann reicht auch nur ein gut erdachter Handlungsstrang wie in Robert Seethalers "Ein ganze Leben" offenbar oft nicht mehr aus. Es werden vorzugsweise gleich mehrere und schon gar nicht chronologisch miteinander bis ins Absurde verbunden. Und dann soll das bisweilen auch noch humorvoll sein?

Eine Rezensentin vom renommierten Literatur-Teil der FAZ formulierte hier frei weg zitiert: Man wisse nicht, was der Autor beim Schreiben geraucht hat, aber man müsse bei der Lektüre auf alle Fälle schwindelfrei sein. Ich tue weder das eine noch bin ich das Letztere. Aber mein Lese-Neustart löste doch meine brennende Frage: Interessiert mein Geschreibsel überhaupt noch jemand unterhalb meiner Altersgruppe?

Die Erlösung gab es beim Cena in Piazza: Zwei junge Männer aus Deutschland, die ihre Oma hier oben besuchten, saßen bei mir und entpuppten sich als Leser. Und nicht nur das. Sie fanden es in unserem alten Gemäuer so toll, dass sie es für ihre Zukunft so erhalten wollen.

Es besteht also noch Hoffnung: Sowohl für diese Borgata als auch für ein Schreiben nicht nur im Sinne von  "Luxus und der Moden"...

Immer mehr Junge bei der
Cena in Piazza, nähren die
Hoffnung, dass hier Nahrhaftes
und Leckeres auch von
den nächsten Genrationen 
aufgetischt wird

Sonntag, 21. Juli 2024

Nominiert Daisy!

Nehmen wir einmal an, der mental benachteiligte Donald entdeckt mit seinen Wutausbrüchen, dass viele der gefiederten Machos in Entenhausen das als Befähigung für Leadership auslegten. Dass nicht nur Finanz-Haie, die in ihren Talern baden wie dessen Onkel Dagobert ihn unterstützen, sondern auch Glücksritter wie Gustav Gans auf ihn setzen. Bleibt dann den Omas auf dem Land samt den Debilen wie Franz Gans etwas anderes übrig, als diesem Krakeeler wie einer Lichtgestalt zu folgen?
Quelle: FAZ net

Was kann man tun, wenn diesen gefiederten Deppen im bald gleichgeschalteten Geflügelzentrum demokratische Verhältnisse am Pürzel vorbei gehen?

Wäre ich Berater der Demokraten, stellte ich für die möglicherweise letzte freie Wahl im Kosmos von Entenhausen Daisy Duck auf. Die charmante Leit-Ente ist alles andere als eine "lame duck" und wurde im Laufe aller Cartoons noch mit allen Erpeln und Gantern fertig. Vor allem, wenn die sich unfähig aufplustern, um ihr ans Gefieder zu wollen.

Quelle: pinterest

Noch ist ein derartiges Entenhausen nicht der Mikrokosmos der USA.

Da Joe Biden endlich seinen Alters-Starrsinn gelockert hat und auf einer neuerliche Kandidatur verzichtet, sollten die Demokraten schnell jemanden nominieren, der es an Popularität mit Donald Trump aus dem Stand aufnimmt, ihn aber an Integrität und Intelligenz spielend übertrifft. Dazu noch eine natürliche Charme-Offensive entfachen kann. Kamala Harris kann das so schnell wohl nicht schaffen.

Die Demokraten haben so eine Daisy, die sie noch rechtzeitig nominieren könnten. Die 60jährige Michelle Obama hat zwar vor Monaten schon gesagt, sie stünde nicht zur Verfügung, aber tatsächlich ist sie die einzige Macht, die noch verhindern könnte, dass die USA in Zukunft autokratisch und rachsüchtig regiert werden. Womit dann auch die aktuelle Instabilität der Welt schlagartig noch bedrohlicher würde.

Michelle Obama hätte mehr Wähler bei allen Ethnien. Sie gäbe den Frauen gegenüber dem narzisstisch-sexistischen Macho Trump als wahre "Lady Liberty" eine bessere Perspektive, und sie hätte einen "First Gentleman" an ihrer Seite, der weiß, wie POTUS geht.

Wer könnte sie überzeugen, sich doch noch als Daisy der Demokraten nominieren zu lassen? Daisy heißt ja Gänseblümchen. Es wird Zeit, dass das platt gemähte Einheitsgrün in amerikanischen Vorgärten mal wieder Farbtupfer bekommt, die den obligaten Stars and Stripes an der Haustür Konkurrenz machen.

Quelle: us today


 

Freitag, 19. Juli 2024

Die Schatten-Zocker-Runde im Geviert

Ach wie liebe ich "La Vita Sociale" auf der Piazza. Ist ja sonst nix los in dieser Borgata. Weil die, die sich das noch zutrauen, ihre gebrechlichen Körper unten an den Stränden der Sonne aussetzen. Oder wenn jünger, müssen sie ja alsbald wieder arbeiten und nutzen die wenigen Tage eben für ein volles Programm, und da passt ein Mußestündchen auf der Piazza allenfalls nach Mitternacht, wenn alle schlafen. Abendstille ist hier ja jeden Tag ab acht. Gut, dass sich da die Scopa-Spieler-Society der Ureinwohner wieder pünktlich jeden Tag - bewaffnet mit Tischlein und Stühlchen -  um vier einfindet und mit dem Zocken beginnt.

Das Spiel ist ja - wie im Post "Hai-Alarm" berichtet - für Außenstehende nicht so leicht zugänglich. Wir müssen uns auf das Beobachten beschränken und stellen fest, wie ruhig die Runden ablaufen. Chiacchierata, also Quatschen, darf nur in den Pausen sein. Oder wenn sich einer zum wiederholten Mal beim Zusammenzählen vertut, So eine Art "Nachtarocken" - wie bei deutschen Kartenrunden - ist unserem Gehör nach eher selten.

Apropos Runden: Die Runden werden rund ums Geviert gespielt. Das liegt am jeweiligen Stand der Sonne. Denn da das Gezocke von vier bis acht gehen kann, könnte direkte Sonneneinstrahlung bei den Betagten, die gerne mal an die 300 Jahre an die Tische bringen, ja Matschbirnen erzeugen. Da ginge ja das Auszählen gar nicht mehr. Dazu muss jeder Spieler oder jede Spielerin auch viel zu konzentriert sein, um rechtzeitig "Scopa!!!" zu rufen, wenn der entscheidende Stich gemacht wird.

Es gilt daher, die Tischlein und Stühlchen im Uhrzeigersinn an der Außenkante der Piazza entlang zu rücken. Wenn der im Dauerstreit mit der Verwandtschaft liegende, aus Rom angereiste Sohn der ältesten Spielerin  hier ist, wird deshalb zur Streitvermeidung direkt unter unserem Küchenfenster und so nah an unserem Kräuter-Eck begonnen, dass man dessen Töpfe auch gerne mal als Aschenbecher benutzt. Mitunter rücken sie sogar so nah an die Küchentür, dass ich die diversen Runden schon mal scherzhaft auffordern wollte,  an unserem Küchentisch weiter zu spielen.  Dann säßen sie auch praktischer Weise in der Nähe kalter Getränke. Aber das sag ich natürlich nicht, weil mein Speisekarten-Italienisch für Sarkasmus nicht ausreichend ist, um todfeindliche Missverständnisse zu vermeiden.

Jetzt, da die Sonne schon wieder früher untergeht, endet die Schatten-Zockerei unmittelbar an der Fontana. Pech für die, die Wasser zum Trinken oder Blumengießen benötigen. Die müssen zumindest warten, bis das aktuelle Spiel zu ende ist.

Hier findet ihr meinen ersten Post zum Thema:  "Hai-Alarm", vom 26. September 2021.
Oder Interessierte probieren, Scopa mal online zu spielen, um nicht so ein Karten-Doofmann wie ich zu bleiben: https://play.google.com/store/apps/details?id=com.epochalstorm.scopa&hl=gsw&pli=1 

Dienstag, 16. Juli 2024

Von Ähnlichkeiten

Gestern beim Frühstück von Angesicht zu Angesicht hat meine Frau etwa Schreckliches gesagt. Oder war es eigentlich schrecklich schön?  Sie sagte: Jeden Tag siehst du mehr aus wie dein Vater.

Dazu muss man vorweg sagen, dass mein Vater meine Frau, als sie es ja lange Jahre noch nicht war, vorbehaltlos sehr geschätzt hat. Das könnte daran gelegen haben, dass sie beide in Berlin geboren, und gewohnt waren, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Währenddessen sich bei meiner Mutter frühe Vorbehalte im Lauf des langen Lebens in innige Zuneigung verwandelte. Ödipussi, schnödipussi Hauptsache du hast deine Mama lieb.

Ich habe ein Porträt von meinem Vater gemalt. Es war eine "Auftragsarbeit" für meine Mutter, die wohl so eine Ahnung gehabt. Das Bild entstand ein paar Monate vor seinem Tod 1988. Ich kann darauf keinerlei Ähnlichkeit zu mir erkennen, weil ich immer deutlichere Merkmale der mütterlichen Linie aufwies.

Tatsächlich sieht meine Frau aktuell wohl das, was ich jeden Morgen in dem überdimensionierten Waschtisch-Spiegel hier auf der Burg sehe: Dadurch, dass ich jetzt stark abgenommen und durch die vielen, rettenden Medikamente nach den vier Operationen viele Haare verloren habe, werde ich meinem Vater tatsächlich immer ähnlicher.

Aber es gibt eben vielerlei ähnlich. Ich selbst neige dazu, bei Adepten gerne die Ähnlichkeit zu ihren Erzeugern zu thematisieren, obwohl ich mir das dann mit etwas Abstand als "Onkelgetue" vorwerfe.

Während ihm nichts
erspart blieb. konnte
sich sein Sohn während 
75 Jahren Frieden
wie eine Made im
Speck entwickeln
Du siehst aus wie, ist ja möglicherweise die Vorstufe zu "wie aus dem Gesicht gerissen". - Will man das denn als Individuum wirklich hören. Wenn die Ähnlichkeit, die erkannt wird, verblüffend ist, sollte man besser so eine Erkenntnis für sich behalten. Eine Ähnlichkeit nimmt nur Anleihen, aber so auszusehen dringt ja direkt durch die Physionomie ins Innere.

Ehrlich gesagt, bin ich aus meinem Vater nie recht schlau geworden, weil er eher ein Töchter-Vater war. Erst kurz vor seinem Tod hatten wir einen persönlichen "Wandel durch Annäherung", bei dem ich im Nachhinein auch bedauere, dass er den Fall der Mauer, die Wiedervereinigung und sein Berlin wieder als Hauptstadt knapp verpasst hat.

Mein Vater war - soweit ich das beurteilen kann - ein hervorragender Jurist und gleichzeitig ein Gutmensch. Auch jemand , der für seine stets frei ausgesprochene Meinung Diskriminierung und Zurücksetzung erfahren musste. - Und er musste in den Krieg für ein Regime, das er nicht nur verabscheute, sondern mit seinen wenigen Mitteln auch bekämpfte.

Nichts von alledem spiegelt sich in meinem Wesen wider. Ich glaube, ich bin noch nicht einmal ansatzweise ein Gutmensch. Dennoch macht es mich irgendwie stolz, wenn die Frau, die mehr als zweidrittel ihres Lebens mit dem meinen geteilt hat, mich so sieht. Das könnte der Ansatz für meine Abbitte sein. Wenn ich meinem in seinem Leben schon nicht ähnelte, dann ist es nur statthaft, im Alter Tag für Tag mehr auszusehen wie er...





Sonntag, 14. Juli 2024

Der Tag danach

 Heute werden die siegreichen Fußball-Helden Spaniens ihren Rausch ausschlafen. - Und die unterlegenen Balltreter aus England vermutlich auch. Was wäre der 14. Juli gestern für die Franzosen in diesem Schicksalsjahr für ein Nationalfeiertag geworden, wären sie an diesem Europameister geworden. - Aber dafür muss man eben Tore schießen und sie nicht nur verhindern wollen.

Ist es nicht merkwürdig, dass historische Tage oft eine Ewigkeit gefeiert werden, aber die "Kater-Tage" nur Stunden später ganz selten thematisiert werden?

Quelle: WDR
Le Jour de Gloire est arrivé! War am Tag nach dem Sturm auf die Bastille, in der Jubelstimmung schon zu erahnen, welch Blutbad sich durch die Französische Revolution über Jahre hinweg im Land ergießen würde. Von dem, was der sich dann selbst zum Kaiser krönende Revolutions-General Napoleon  an Gemetzel über ganz Europa trug, einmal ganz abgesehen.

Gestern wurde auch auf den US-Präsidentschafts-Kandidaten Donald Trump geschossen. Eine Schande für die Demokratie, empörten sich gleich danach weltweit Politiker, die nichts mehr fürchten, als dessen Wiederwahl. Dabei meinten sie jedoch nicht Donald den Lügner und Wüterich, sondern den Attentatsversuch - natürlich. Als hätte das verfassungsgemäße Tragen von Waffen nicht schon in der gesamten Historie der USA das Eliminieren von Politikern erleichtert. Den Tag, nein die Tage danach, wird ein Narzisst wie Trump nutzen, um sich den Nimbus der Unsterblichkeit zu sichern. Hat schon angefangen. Armer, alter Joe Biden!

Quelle: WIWO online

Am Tag nach einem Wahlerfolg werden ja auch immer gerne Pöstchen an Genossen oder Wegbereiter verteilt, die für ihre Ämter eigentlich fachlich gar nicht befähigt sind. Dabei sind Spitzen-Kandidaten von Parteien in aller seltensten Fällen Spitzen-Experten in ihren Ressorts. Sie suchen dann Rat bei Beratern und laufen auf. Wie Oppositions-Großsprecher Jens Spahn, der in der größten "Masken-Affäre" (all jener Krisengewinnler unter den Christsozialen) der Republik einen mutmaßlichen Milliarden-Schaden hinterließ. Am Tag nach seiner Abwahl, wird er sich wohl klammheimlich gewünscht haben, dass sein Versagen niemals aufgedeckt werden wird.

Aber an einem 15. Juli sollten auch Ereignisse angesprochen werden, die über den Tag danach hinaus positive Auswirkungen zeitigten:

Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung
Da war zum Beispiel die historische Rede, die der unprätentiösen Egon Bahr 1963 in der Evangelischen Akademie Tutzing hielt. Der dort von ihm umrissene "Wandel durch Annäherung" machte ihn zu einem allerdings  meist verkannten Architekten der Wiedervereinigung.
Zwei Jahre später fliegt am selben Tag die Raumsonde Mariner am Mond vorbei und liefert mit gestochen scharfen Fotos die Grundlage für die erste Mondlandung.

Ja, und dann sollte auch nicht vergessen werden, dass ein gewisser, an diesem Tag 1958 geborener, Jörg Kachelmann mit netzverknüpften Daten, den langweiligen, täglichen Wetterbericht zu einer spannenden, einzigartigen Unterhaltungssendung umfunktioniert und eine Nation von Wetter-Verstehern erschaffen hat. Im Ahrtal haben Prognosen aber nicht wirklich geholfen. Auch nicht bei den vielen Überschwemmungen im vergangenen Frühjahr. Da sind die Tage danach kaum zu lindernder Schmerz und Verlust.

Auf der Burg sind heute bei hoher Luftfeuchtigkeit vergleichsweise angenehme 27 Grad maximal angesagt. Die Tage danach wird's hier dann knuffig über 30. - meldet die Kachelmann-App. Als ob das Wetter in unserem Alter noch so wichtig wäre. Wir sind froh über jeden weiteren Tag danach. Der ist uns wichtig!

Quelle: Radio Sonnenklar


Freitag, 12. Juli 2024

Prima Cena in Piazza 2024

 Weshalb das ausgerechnet der Jahrestag meines Absturzes in unserem Haus war? Ich weiße es nicht. Die Ursprungsidee, war, mein Wiedererscheinen in der Borgata mit einem gemeinsamen Abendessen im engsten Kreis zu begehen. Daraus wurde aber das größte Cena in Piazza, das mit allen Nachbarn je gefeiert wurde. Aus allen Winkeln des Burgdorfes wurden Tische, Stühle und Tischdecken herbei geschafft. Bei 34 Leuten habe ich aufgehört zu zählen, aber es könnten gut auch vierzig gewesen sein...

Eine Neuerung war der Profi-Gasgrill der durch den Vicolo Colombo herbei gerollt wurde. Zunächst mochte ein Außenstehender vielleicht glauben, die Mengen Bratwürsten, Hühnerflügeln und Schweineschnitzel, könnten vielleicht nach Bulgur, Nudelsalaten, Polenta, Schinken mit Melone etc. zu viel gewesen sein, aber selbst die krachend schweren Käseplatten wurden derart geplündert, dass man hätte glauben können, nun passen Sorbet, Melonen und selbstgebackene Kuchen in Keinen mehr rein.

Was für ein Irrtum, denn endlich stießen zu dem krassen Altersheim hier oben belebendes Jungblut aus allen Himmelsrichtungen. Unser Cena wird also bestehen bleiben. Die Sat wurde gestern gesetzt.

Das Fest dauerte mit den üblichen lautstarken  und feuchtfröhlichen Diskussionen über die unvermeidlichen Dinge des Lebens weit bis nach ein Uhr nachts





Dienstag, 9. Juli 2024

Carne Salada

Im immer armen Ligurien war das Carne Salada die preisgünstigere Variante zur Luxus-Vorspeise Carpaccio. Hier, wo Rindfleisch generell sehr teuer ist, bekommt man ein Kilo vom besten piemontesischen Rind kaum unter 60 Euro, ein Kilo vom traditionell haltbar gemachten Carne Salada für die Hälfte.

In Zeiten des Online-Versandhandels ist das "gesalzene Fleisch" binnen Tagesfrist auch in Deutschland zu bekommen. Je nach Herkunft ist es dann natürlich teurer.
Puristen aber wollen es vielleicht  selbst einmal einlegen. Ich habe ein paar Seiten durchgeguckt und diesen Link ausgewählt, weil da auch etwas über die Philosophie dieser Fleischzubereitung steht: https://blog.toblini.com/de/carne-salada-salzfleisch-eine-typische-spezialitat-des-gardasees-trentino/

Die ligurische Art es anzurichten, entspricht der Einfachheit und dem Naturell des hiesigen Geschmacks. reichlich natives Extra Vergine drauf verstreichen, ein paar Tröpfchen Zitronen-Saft darüber und für die Schärfe kein gemahlener, schwarzer Pfeffer (der hier verpönt ist), sondern ein Hauch zerbröselten Peperoncinos. Im Prinzip wäre das ja für manche ursprünglichen Fleisch-Genießer gleich ohne Schnickschnack fein mit Breitschwert runtergesäbelt ein "Fertiggericht". Beim Anrichten schnabulier auch ich gern schon mal ein paar Scheiben "ohne alles". Auch um zu schmecken - wie salzig das Fleisch ist. Wie heißt es so schön bei Asterix und Obelix: Ohne Fleisch kein Preisch!

Es ist aber auch noch niemand von meinem Tisch aufgestanden, der von meiner Art, das Carne Salada zu marinieren, nicht noch begeisterter gewesen wäre:

Zutaten:
Als kaltes Abendbrot für vier Personen

600 g feinst mit der Maschine geschnittenes Carne Salada

Die Marinade:
4 Teelöffel vom abgewaschenen eingelegten Grünen Pfeffer
2 Gehäufte Esslöffel marinierte Kapern
2 Große Zehen frischesten Knoblauchs
6 Löffel vom feinsten Extra Vergine
1 Esslöffel brauner Melasse-Zucker
1 Teelöffel Salz
1 Esslöffel feinst gehackter Schnittlauch

Das alles in einem Mörser zusammen grob verreiben, und je nach Gusto entweder Zitronensaft, Essig Dolcagro, Balsamico bianco oder - traditionale hinzugeben, um die Marinade geschmeidiger zu machen.
Abschmecken. Vorsicht mit dem Salz! Das Fleisch ist ja schon salzig! Dann zum Ziehen im Mörser lassen und sich dem Fleisch zuwenden.

Vier große flache, kalte Teller von außen nach innen wie eine Blühte mit den dünnen Scheiben Carne Salada kreisförmig  möglichst "durchsichtig" auslegen.

Dann zunächst je einen Esslöffel Marinade gleichmäßig drüber träufeln und mit dem Löffelrücken fein verreiben. Erstmal einziehen lassen, und die anderen Teller ebenso vorbereiten.

Parmigano oder Grana, grob gehobelt
oder in feineren Zesten 
- wie die Fürsorglichste  es liebt.
Alle Getränke passen dazu

Kurz vor dem Servieren je noch einen halben Esslöffel der Marinade noch einmal von innen nach außen verreiben. Vor dem Servieren fragen, wer die Variante nicht mit frisch gehobelten Parmigano oder Grana Padano haben will.

Am besten passt ein eiskalter Rosato gern auch frizzante zu diesem Abendbrot. Mir schmeckt auch ein Bier danach...

Buon appetito!






 

Montag, 8. Juli 2024

Gelassenheit los gelassen

 Muss man machen? Hektisch herum hasten? - Lieber langsam das Leben lieben?
Ach, ihr wundersamen Wellness-Wanderprediger im erwerbsfähigen Alter - was wisst ihr denn schon wenn ihr eure "Ratgeber" verfasst?

Sollte jeder doch immer froh sein, mit dem was gegeben ist.
An alle Diät-Apostel da draußen: Ich habe mich im Kopf mit meinen 30 Kilo zu viel echt wohler gefühlt!
Den Begriff Dünnhäutigkeit spüre ich erst jetzt täglich am ganzen Körper, dabei habe ich ja immer noch 100 Kilo:
Ich bin unwirsch, wo ich eigentlich doch gerne wirsch wäre, aber wirsch gibt es eben nicht (auch so ein Rätsel dieser Sprache, in der ich seit über 60 Jahren schreibe).
Mehrmals am Tag fahre ich wegen kleinster, störender Kleinigkeiten buchstäblich aus dieser Haut, die mit den letzten Fettpolstern in alter Dehnung um mich herumschlabbert.
Gut, über den Torverhinderungs-Rasenschach-Fußball, der gerade gespielt wird, muss man sich wirklich nicht mehr aufregen. Aber darüber, dass die, die ihn zelebrieren, damit auch noch weiterkommen  - schon!
 Bei den politischen Strömungen, die ich nicht mehr nachvollziehen kann, weiß ich ja auch, dass ich nichts mehr ändern kann.  (Nebenbei bemerkt  - Französinnen und Franzosen - bien faite!)
Wieso will ich greisenhaft  - wie ich mich allmorgendlich im viel zu großen Badezimmer-Spiegel sehe - darauf bestehen, nicht mehr so boshaft zu sein?

Weil ich von so vielen lieben Menschen hier umgeben bin (abgesehen von dem, der unseren Basilikum zerstört und eine halb verweste Ratte vor die Haustür gelegt hat...).
Wir haben hier ein "Social Life", an das wir in München schon längst nicht mehr gewöhnt sind. Wenn wir mit einem Drink an unserem Tischchen auf der Piazza sitzen, bleiben wir selten allein. Ohne Gelassenheit allein zu sein, führt zu grollendem Grübeln, meinen die.
Also um Frankreich und Marcel Proust zu huldigen: gehe  ich täglich wieder auf die Suche: A la Recherche du Temps perdu...

Ich stöberte ja durch alle unseren engen Gassen, fände ich dort meine Gelassenheit wieder. Wenn ich sie doch nur irgendwo liegen gelassen, also lediglich vergessen hätte. Aber offenbar habe ich meine Gelassenheit los gelassen. Sie ist mir entfleucht, und wird so, wie sie einst war, wohl nie mehr wieder kommen.

Gelassenheit gibt's ja mittwochs nicht als wohlfeile Ware auf dem Markt. Gelassenheit kann ich auch nicht wie meine Kräuter auf der Treppe heranzüchten. Ich muss sie wieder mit meinen Synapsen entwickeln. Aber dazu brauche ich eben Zeit, ein Quantum von der, die mir noch bleibt als "Entwicklungshilfe".

Habe ich schon eine Ahnung gehabt, was bald mit mir sein wird? Vor 23 Jahren schrieb ich dieses Lied:


 Ich fuhr auf Wolkenschiffen

WOLLT' ICH MATROSE WERDEN
WARD ALS ZU LEICHT BEFUNDEN.
KEIN LEICHTMATROSE  OHN' GEWICHT!
ZOG ICH MIT WOLKENHERDEN
UND KAM KAUM ÜBER D'RUNDEN.
DOCH HEUER WOLLT' ICH NICHT

AUS ANGST, ICH WÜRD' ZU SCHWER,
VERZICHT' ICH AUF DAS GELD.
HEUERTE AN AUF 'NEM WOLKENSCHIFF
DAS SEGELN LIEBT' ICH GAR ZU SEHR!
SO WARD ICH ZUM GROSSEN WOLKENHELD
ALS DIE WELT ZERSCHELLT AM ZEITENRIFF

NUN UNTER VOLLEN SEGELN
AM SPECKBLAUEN FIRMAMENT
OHN' ANKER TREIBT'S MICH JÄH DAHIN
VERDAMMT VON KIND UND KEGELN
- AUCH OHNE FLAUES TESTAMENT!
MACHT ALL DAS EINEN SINN?

WENN JA, DANN DOCH NUR DEN:
WER SELBST SICH ALS ZU LEICHT BEFUNDEN
DER DARF SICH NICHT BESCHWEREN,
WENN AND'RE SICH VERSEHEN,
IHM DEM RESPEKT NOCH ZU BEKUNDEN
UND SO DAS TRÄUMEN IHM VERWEHREN...



Auf unserer Dachterrasse fühle ich mich bei dem
merkwürdig wechselhaften Wetter immer häufiger wie der
Kapitän auf der Brücke eines Schiffes, das sich in den Bergen gestrandet durch Wolkenberge kämpft

Freitag, 5. Juli 2024

Orban@Orbi

Wenn meine Besorgnis stetig wächst, hilft mir oft nur noch Ironie. Denk ich an Europa in diesem Jahr, dann glaubte ich gerne an beschwörende Astrologie. Ich ließe den Sternenkranz Europas so lange und immer schneller rotieren, bis sich die braun gefärbten Sterne, die doch Einigkeit bedeuten sollten, vom Banner lösten und in eine weit entfernte Galaxie geschleudert würden.

Aber da ich Astrologie genau so für fraglich halte, wie Gläubigkeit an höhere Wesen oder Weissagungen im Hoffen auf eine bessere, friedlichere Zukunft, muss ich mich eben mit den kleinen Freuden der Gegenwart über Wasser halten.
Nach der Korona-Pause und meiner Verletzung waren wir am 2. Juli wieder einmal auf der alljährlichen Knoblauch-Messe von Vessalico im Nachbartal.

Welch Wunder: Die Historische Brücke, die vor drei Jahren teilweise vom Flüsschen Arroscia einfach  fort gerissen wurde, als hätte sie nicht aus mächtigen Quadern bestanden, ist einigermaßen restauriert worden und auch wieder befahrbar. Die Messe selbst ist deutlich geschrumpft, und der rote Knoblauch war wegen der Witterung hier im Frühjahr nicht so prall wie sonst.
Wie immer habe ich die malerische Kapelle am Süd-Ende der Brücke aufgesucht und zu einem gebetet, an den ich ja eigentlich nicht glaube. Die Fürsorglichste ist mir gefolgt und hat vor der Madonna ein par Kerzen für uns und die Familie entzündet. Sie hätte mich angesichts meiner Gedanken wegen Blasphemie aus dem Gotteshäuschen geprügelt.

Meiner Fürbitte oder besser dem Stoßgebet gab ich  - beim Papst entlehnt - den Titel Orban@Orbi.
Der ebenso rundliche wie sperrige Ungar hatte ja am Tag zuvor seine halbjährige Amtszeit als Oberhaupt der Union angetreten. Turnusmäßig steht dieser zwiespältige Demokrat also stellvertretend für uns Europäer im "Erdkreis".
Als erste Amtshandlung ist er in die Ukraine gereist, um im Sinne Putins jenem Selenski zu einem Waffenstillstand zu raten, dem er seit Beginn des Krieges nur in den Rücken gefallen ist.
Orban, der aus Europa mit seiner magyarischen Salami-Taktik Scheibe um Scheibe vorrangig Vorteile für seinen Clan und dessen Kostgänger heraus gesäbelt hat, ohne ansonsten ein guter Europäer zu sein, schlug nicht nur vor, dass die Ukraine durch Verzicht auf annektierte Gebiete in Friedensverhandlungen eintreten solle. Er wollte auch mehr Autonomie für die Ungarn in den Ukrainischen Karpaten, die die Ukrainer angeblich unterdrückten...
Na, wenn das mal ein echter Freundschaftsbesuch war.

All die Rechtsnationalen, die in Europa immer mehr Fuß fassen, um die EU durch Schwächung wieder abzuschaffen haben das natürlich bejubelt:  Ist es nicht merkwürdig, dass ausgerechnet die Kolonial-Mächte, die am längsten an ihren "Übersee-Besitztümern" festgehalten haben, heute am lautesten gegen Migration wettern? Die einst so liberalen Holländer, die Österreicher und Italiener und nicht zuletzt die Franzosen, die übermorgen vielleicht in letzter Minute noch Schäden von der Demokratie abwenden könnten.
Wenn am Ende dieses Horrorjahres auch noch Trump erneut gewählt wird. Dann gute Nacht!

Da darf doch auch ein Agnostiker wie ich ins Beten und Betteln kommen.

Wie zum Hohn erfüllte aber das Schicksal dann an diesem herrlichen Tag doch noch  eine Weissagung meines Vaters:

Du wirst sehen - mein Sohn - wenn du nur lang genug überlebst, wirst  du am Ende von soviel Frauen umgeben sein - wie du dir das in deiner Jugend immer gewünscht hättest...

So süß und charmant! Braucht da einer als "Hahn im Korb" noch Knoblauch?


Mittwoch, 3. Juli 2024

11 zu neun Streiche

 Nanu, werden meine Leserinnen und Leser sagen, das Märchen geht doch anders.

Richtig, Söders Bayern hat vom Chiem- bis zum Bodensee eine Mückenplage Sondershausen, an der natürlich nur die Grünen mit ihrer Bach- und Fluss-Renaturierung schuld sind. Rund um den Gardasee greift der Norovisurs die Urlauber an, aber wir hier auf dem Zauberberg haben  - vergleichsweise harmlos - nach all dem Regen nur mit Geschwadern von Stubenfliegen zu kämpfen.

Weil sie in Überzahl uns Menschen derart hilflos wahrnehmen, landen sie schon gern einmal direkt auf dem Augenlid oder auf dem Happen, den wir gerade zum Mund führen wollen. 
Da wir zu alt sind, noch mit der Leiter zu unserer historischen Fliegenfalle unterm Gebälk zu klettern, um sie mit Honig und Wasser zu füllen, denken sie nun, sie hätten die Oberhand.

Aber da muss ich euch warnen - übermütiges Gefleuch! Es findet ja gerade die EURO24 statt. Und was wäre da passender als eine Fliegen-Klatsche in Fußball-Form - wo doch aktuell beschämend wenig Treffer zu verzeichnen waren...

Ich jedenfalls habe nach den langweiligen Spielen am Montag, am nächsten Morgen, eine bessere Bilanz zu bieten gehabt. Neunmal hatte ich zugeschlagen, und elf Fliegenleichen lagen danach auf den Fliesen in der Küche...

"Sieben auf einen Streich" verkündete immer noch rekordverdächtig allerdings das Märchen vom tapferen Schneiderlein. Na, da bilden dann wohl heutzutage die Fliegen auch Fünferketten und lassen immer nur zwei  der Schnellsten in der Spitze zum Piesacken auf uns Menschen los?

Nö, weil sie ja wissen, dass, wenn sie attackiert werden, der Tod droht, sind sie immer einzeln im Strafraum - wie Ronaldo. Es sei denn, sie legen zwischendurch einmal ein Schäferstündchen auf dem Sodoku-Heft der Fürsorglichsten ein.

Blöd gelaufen: Sieben habe ich einzeln erwischt. Aber je zwei Pärchen klatschte ich beim Sex ab.
 Dumm gelaufen. Oder doch nicht? Da lehne ich mich erschöpft zurück - und sehe doch die nächsten schlau auf  dem Boden laufend herum flitzen, um die nächste Angriffswelle nicht nur zu zeugen, sondern mit ihr auch unverzagt auch wieder anzugreifen...

Gerade sitzt wieder eine auf der Tastatur. Da, da, da nimm dies, Du Störenfried! Für die Tippfehler in diesem Post bist du verantwortlich! Da droht dir die Todesstrafe!


https://briefevonderburg.blogspot.com/2011/04/die-geschichte-vom-goldenen-gecco.html

Claus Deutelmoser: Goldgecco     Oil on Canvas


Da hat es mein Gecko im Bild zur Legende auch nicht besser.
Er wartet und wartet, doch die Fliege sitzt immer noch vor seiner
Nase, und da belibt sie auch - bis der Augenblick irgendwann vergeht...