Freitag, 3. September 2021

La regina di Chiusanico

Gegen Willkür hilft am besten das Wort. Das ist meine persönlichen Weisheit. Aber was, wenn die Sprachkenntnisse nicht für eine kräftige Standpauke ausreichen?
Gut, dass ich da meinen Blog habe, den mittlerweile meine italienischen Nachbarn auch lesen, indem sie auf den Übersetzer klicken. Allerdings ist der auch nicht immer in der Lage meinen Sarkasmus wahr zu nehmen - und schon gar nicht meine Ironie:

Natürlich ist Italien eine Demokratie - selbst wenn mitunter ganz schön mit ihr umgesprungen wird. Und natürlich wird auch auf kommunaler Ebene in den vorgeschriebenen Abständen gewählt, obwohl vor allem in der Gemeinde, in der ich seit zwei Jahrzehnten zu Gast bin, die "Ballance of Power" wie einst zwischen Don Camillo (Himmel) und Bürgermeister Pepone (kommunistische Hölle) längst nicht mehr gegeben ist. Hier werden überwiegend Berlusconis "Forza Italia" oder noch schlimmer die "Fratelli d'Italia" gewählt, seit es Giulio Andreottis Schurken-Partei die "Democrazia Cristiana" so nicht mehr gibt.

Da wird hier unterhalb der Burg jedenfalls - trotz des anhaltenden Mangels an Kandidaten  - immerhin noch kräftig durch gemischt. Aber der Wechsel im Amt des Sindacos hat auf das "bene essere" der Gemeinde für uns Ausländer nicht unbedingt spürbare Auswirkungen gehabt. Das liegt aus meiner Sicht daran, dass der Bürgermeister/innen-Stuhl  nicht unbedingt von Leuten mit Kompetenz, sondern eher von Leuten mit eher bekannten Namen von mehr Geltungssucht als Führungswillen besetzt wird. Repräsentation war denen offensichtlich stets wichtiger als Administration.

Das bringt mich dazu, endlich einmal die einzig permanente und konstante Kraft des kommunalen Unfriedens zu würdigen: die Gemeinde-Sekretärin des Capo Luogo. Die Bürgermeister/Innen mögen wechseln - sie nicht. Und weil sie dadurch natürlich mehr weiß als ihr jeweiliger Chef oder eine Chefin führt sie ihr Amt nicht selten an der Grenze zum Macht-Missbrauch.

Weil ich bei unserem halben Dutzend Begegnungen jedesmal wegen ihres Unwillens zu Helfen und ihres unverholenen Hasses auf uns ausländische Hausbesitzer auf der Burg mit ihr aneinander geraten bin, habe ich bei dem aktuellen Schildbürger-Streich meine "Fürsorglichste" vorgeschickt. Die ist ja für Sanftmut bekannt. Meine beste Freundin hat mir nämlich zudem auch von der ausgeprägten Männerfeindlichkeit der "Dottoressa" berichtet. Was mich in Erinnerung an ihre früher  in knappen Blusen oft zur Schau gestellten Auslagen, dann doch einigermaßen überrascht hat...

Der Gemeinde-Terror begann eigentlich damit, dass uns erst vor kurzem auf dem normalen Postweg eine Wasser-Rechnung aus dem Jahr 2019 erreicht hat. Mit der  konnten wir absolut nichts anfangen. Dann tauchte gestern unser zum Sonder-Berater des Bürgermeisters in allen Burg-Fragen aufgestiegene, ehemals muntere Müllmann mit einem Klemmbrett auf, und gab den Befehl weiter, wir hätten binnen 24 Stunden unsere ausstehenden Rechnungen zu bezahlen, er anderenfalls gezwungen wäre, uns das Wasser abzudrehen.
Diesmal kam der Verdacht eines ausländerfeindlichen Aktes aber gar nicht erst auf, weil auch einheimische nicht permanent hier wohnende Hausbesitzer wie unser Hotelier aus Rom und seine vorübergehend hier hoch gezogene Mutter samt Ehemann der "Ausständigkeit" bezichtigt wurden. Letzerer fuhr dann gestern wohl wissend, dass er für die Ferienwohnungen alles ordnungsgemäß bezahlt hatte, extra nach Imperia hinunter, um die Belege zu holen. Allerdings schaffte er es nicht mehr bis Büroschluss der Gemeinde (13 Uhr)...

Meine Frau war schneller und wurde persönlich bei der "Dottoressa" vorstellig. Arrogant und pomadig wie immer fischte sie mit spitzen Fingern einen Einschreibe-Brief aus einem Stapel. Der konnte uns im März natürlich nicht zugestellt werden. Trotz der chronisch knappen Gemeinde-Kasse war er aber mit über vier Euro Porto frankiert worden. Wohl gemerkt zwischen dem Palazzo Municipale und der Burg gibt es eine nicht allzu steile Treppe oder eine Straßenverbindung von nicht einmal einem Kilometer, die vom "Sonder-Berater" dreimal pro Woche mindestens benützt wird. Der hätte - genau wie seine giftige Vorgesetzte - wegen des geringen Müll-Aufkommens auch gewusst, welche der Hausbesitzer zur Zeit des Postversands nicht anwesend gewesen wären. Aber dann hätte man sie eben nicht schikanieren können.

Das ganze eskalierte natürlich, weil die "Fürsorglichste" ihren eben nur mit Speisekarten-Italienisch ausgestatteten Mund nicht halten konnte und sich nicht nur über diese Verschwendung, sondern auch die bürokratische Dummheit aufregte. Die ausständige Forderung stammte nämlich aus dem Jahr 2015. Wurde aber eben erstmals  im März 2021 angemahnt. Ob es überhaupt je einen zeitnahen Rechnungs-Versandt mit normaler Post gab, ist also mehr als fraglich. Der Verdacht liegt nahe, dass die Gemeinde das regelrecht verpennt hat.

Aber die "Regina di Chiusanico" -  die Königin, wie wir sie fürderhin natürlich  im Appellativ ansprechen werden, ging gar nicht auf die Einlassungen meiner Frau ein, sondern machte nur ein Geräusch, das nach "Schnipp,Schnapp" klang und von einer Scheren-Geste mit Zeige- und Mittelfinger begleitet wurde, damit die Doofe auch kapiert, dass es keine Gnade für die Sperrung des Wassers gäbe.

Daran potenzierte sich der "Dorf-Funk". Unser ja ebenfalls betroffener Nachbar, der meine besten Freundin auf der Treppe traf, berichtete ihr brühwarm von einem heftigen Streit zwischen den beiden Damen. Darauf rief Petronella ihrem neapolitanischen Temperament freien Lauf lassend direkt den Bürgermeister an. Was denn das  für eine Art sei, mit den Bürgern der Gemeinde umzuspringen, wo doch der Fehler eindeutig bei der Verwaltung läge? Der Bürgermeister wiegelte in die Defensive gedrängt ab, weil er offensichtlich von der Aktion gar nichts wusste.Er meinte nur, der Fulvio sei doch so ein netter Kerl, der hätte das Wasser nie und nimmer so schnell abgestellt...

Meine Frau konnte die 34 Euro ein paar Minuten später noch auf der Post begleichen. Mann und Sohn von "La Perla" überwiesen unter dem aufgebauten Druck beide für beide... Mals sehen, wann sie das Panik-Geld zurück erstattet bekommen? Wir haben von 2019 bis heute vergeblich auf eine Rückzahlung eines versehentlich zweimal überwiesenen Betrags gewartet.

Aber was soll man schon von der Service-Bereitschaft einer Gemeinde erwarten, die aktuell Arbeiten an unserem Parkplatz in Auftrag gegeben hat und ihn just in dem Moment sperren ließ, da er am meisten gebraucht wird: Eine Rücksichtslosigkeit vor allem gegenüber den betagten Steuerzahlern, die hier oben nur motorisiert zurecht kommen. Genau die haben den derzeitigen Bürgermeister - mit Unterbrechungen zwar - zuvor schon dreimal  wieder gewählt. Hoffentlich erinnern sie sich bei der nächsten Kommunal-Wahl an dessen Administration!

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