Freitag, 17. September 2021

Ex Libris

Oberflächlich betrachtet bin ich ein Mensch, der es gerne schön übersichtlich ordentlich hat. Aber in den von mir angelegten Mikro-Kosmen herrscht dennoch mehr Chaos als in einem Spiralnebel. Schon allein, dass ich diesen veralteten Begriff für eine Spiral-Galaxie benütze, zeigt ja, dass ich ein alter Wirrkopf bin.

quelle: wiki.org

Mit schöner Regelmäßigkeit räume ich aber auch auf: Mein Regal im Arbeitszimmer und meinen Schreibtisch zum Malen in der Cantina. Dann fegen wieder allzu bald Tornados, die von keinem Wetterbericht angekündigt werden, über sie hinweg oder durch sie hindurch, Danach sieht es bei mir fast so aus. wie man sich ein Übungsgelände für den Katastrophen-Schutz vorstellt. 

Wer finden will, muss stöbern! Dass das manchmal zu schönen Überraschungen oder dem Auffinden von Memorabilien führt. lindert die hysterischen Anfälle kaum, die ich beim Suchen habe.

Und dann diese Verhöhnung aus längst vergangenen Tagen als extreme Büchernarren: In einem kleinen Bücher-Regal auf dem Treppen-Absatz hinauf zum Wohnzimmer, in dem ich meinst zu aller Letzt suche, sticht mir ein venezianisches Pappkästchen ins Auge, wie wir sie früher gerne innerhalb der Familie verwendet haben, um darin kleine Geschenke zu überreichen.

Und siehe da; Das war sogar ein Geschenk für mich gewesen. - Zu den Mahagoni-Regalen, die ich mir einst hochmögend für mein im englischen Stil eingerichtetes Arbeitszimmer in München gegönnt habe.
Wie muss mich die Zeit überrannt haben, dass ich mit dem Einkleben der Ex Libris, die Familien-Namen und -Wappen zeigen, nicht nachgekommen bin? Das Kästchen mit den Selbstklebern ist noch halb voll und weckt die schmerzhaften Erinnerungen vor den Tagen, als wir zunächst ganz nach Italien gezogen sind.

Als Buchhändler waren meine Frau und ich so stolz auf jedes Buch, das wir erworben oder geschenkt bekommen haben. Nur die, die wir unbedingt wieder haben wollten, wurden zu jener Zeit vor dem Ausleihen mit dem Ex Libris versehen, aber ob wir je alle zurück bekommen haben, ist fraglich und hat sich dann auch erübrigt.  Angesichts der vielen schweren Kartons, die zur Burg hätten hoch geschleppt werden müssen, haben wir dann rund die Hälfte aller Bücher verschenkt und einen Teil, der uns nichts mehr bedeutete, sogar der Müllabfuhr und der Papiertonne überlassen.

Hier auf der Burg waren es dann immer noch so viele. dass sie sich auf drei Etagen mit insgesamt fünf Regalen verteilen. Die zunächst angestrebte Ordnung nach Autoren-Namen hielt nur grob, weil ein paar Jahre lang jeder Besuch in die "Literatur-Diaspora" an der Bestseller-Liste orientierte Neuerscheinung mitgebracht hat. Die stapeln sich nun teils immer noch im Endregal. Offensichtlich haben wir dann eingedenk des erfahrenen Verlustes auch auf das Einkleben der Ex Libris verzichtet.

In meinen Augen wäre das auch ein Hohn gewesen. weil ich angeheizt durch meinen Amerikanische Literatur studierenden Sohn im E-Reader dank das Gutenberg-Projekts dessen gesamte Pflichtlektüre nachvollzog.  Letztendlich aber  las und schrieb ich soviel am Computer, dass ich nur noch ganz selten ein echtes Buch in der Hand hielt.

Während meine Frau seit zwei Jahren wieder das Lesen für sich entdeckt hat, weil die vielen Fernsehprogramme ja immer schlechter wurden, konnte das Buch bei mit kein Comeback feiern. Zu sehr hatte sich bei den meisten neuen Literaten der verschiedensten Sprachen die Mechanik des "Creative Writings" durchgesetzt. als  dass die  mich noch neugierig genug machten, meine Bücher-Müdigkeit zu überwinden. Auch das Fordern der Verlage, dass meine Lieblingsautoren in kurzen Abständen für mehr verkaufte Auflage immer schneller nachliefern mussten, erhöhte deren bis dahin genossene Qualität nicht wirklich.

Mir schallt da zum Hohn der altbairische Autoren-Spruch immer wieder durch den Kopf, den ich so gerne benutzt habe:

"S'weng, wos i lies, schreib i selm!"
"Das wenige, was ich lese, schreibe ich selbst!"


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