Leute, die die Welt noch bereist haben, ehe
der chemische Generalangriff auf alle Insekten (einschließlich der lieben
Bienchen) gestartet wurde, waren häufig überzeugt davon, dass die Küchenschabe
dereinst die Weltherrschaft antreten würde. La Cucaraca, the Cocrache - oder
wie sie sonst noch besungen wurde, war weltweit vernetzt und den jeweiligen
Umweltbedingungen sogar größenmäßig angepasst.
Auf einer Tropeninsel war ich mal dem Überfall
Hunderter malaiischer Riesen-Schaben ausgesetzt, die offenbar nur spielen
wollten. Allerdings verstand ich gar keinen Spaß und richtete mit meinen
Sandalen ein Gemetzel unter ihnen an. Kritschelkrutschel die ganze Nacht. An
Schlaf war da nicht zu denken. Im Morgengrauen waren alle Leichen verschwunden.
Verspeist von ihren Artgenossen. Nur ein paar der überdimensionierten
Flügeldeckel lagen ordentlich
aufgeschichtet im Bad...
Meine generelle Einstellung zu Schaben hat
sich zwar seither nicht wesentlich geändert, aber ihre Weltherrschaft fürchte
ich nicht mehr, seit ich die Ameisen hier auf der Burg beobachte.
Erinnert sich noch jemand, dass die Chinesen
unter Mao wegen ihrer blauen Einheitsanzüge vom Westen damals politisch
unkorrekt die „Blauen Ameisen“ genannt wurden? Heute, assimiliert vom Turbo-Kapitalismus,
sind sie so mannigfaltig modisch gestylt unterwegs, dass sie bald auch in
dieser Disziplin tonangebend sein werden. Das bringt mich zu der Überzeugung,
dass die Ameise in ihren vielen Erscheinungsformen als Vorbereitung auf die
Weltherrschaft die Chinesen nur als Probanden benutzt hat...
Die Frage, die sich mir alle Jahre wieder um
diese Zeit hier auf der Burg stellt: Können wir im Umkehrschluss nicht von den
Ameisen lernen, um ihrem Herrschaftsanspruch zu begegnen?
Hier ein paar Denkanstöße:
In erster Linie gibt es hier im Gemäuer drei
Typen von Ameisen. Winzig kleine Rote, mittelgroße Braune und große Schwarze.
Die Roten sind straff in Brigaden organisiert.
Sie meiden öffentliche Straßen sind aber bei Bedarf so viele, dass sie Schulter
auf Schulter stehend innen in der Dachrinne die gut 14 Meter Höhe zu unserer
Terrasse überwinden. Einmal hatte ich den Rest einer Packung Krokant-Kekse dort
oben in unserem sich anschließenden Wohnzimmer liegen lassen. Am nächsten
Morgen sah ich, wie die kleinen Roten die Kekse Krümel um Krümel in die Gasse
hinunter trugen. Natürlich sorgte ich mit fürchterlich stinkendem Ameisengift
für einen Massenmord. Aber als ich wenig später die Leichen wegfegen wollte,
waren sie allesamt verschwunden; von den wenigen Überlebenden eingesammelt und
abtransportiert. Vielleicht sollte unser Umweltminister die roten Ameisen mit
der Suche und anschließenden Bestückung des Endlagers für den anstehenden
Atommüll betrauen.
Die mittelgroßen Braunen sind sture
Befehlsempfänger, die ihre jeweilige Aufgabe erfüllen – gleichgültig wie
sinnvoll sie ist. Unsere Piazza ist im ligurischen Stil mit einzementierten
Kieseln bestückt, die anschließend mit Mustern eingefärbt werden. Die braunen
Späher kommen gar nicht auf die Idee über diese Steine zu klettern, obwohl sie
es könnten. Stattdessen laufen sie durch das Zement-Labyrinth und nehmen weite
Umwege in Kauf, um beispielsweise in Ost-West-Richtung ihre Route abzuchecken.
Genauso ist ihr Straßenbau zu Nahrungsquellen. Nach dem Motto eine wird schon
durchkommen, krabbeln sie auch gut sichtbar für alle Feinde die Wände hoch. Bei
diesen braunen Heerscharen fragt man sich – wie blöd sind die denn noch?
Offenbar lernen sie nicht dazu.
Die großen Schwarzen sind zwar nicht
wesentlich schlauer, aber lässiger. Sie klettern schon mal auf so einen
Piazza-Kiesel und verschaffen sich dort einen Überblick, den sie begegnenden
Artgenossen aufs Hinterteil trommelnd weitergeben. Sie nehmen auch gerne Ideen
ihrer kleineren Artgenossen auf, die nach langer, emsiger Suche dann zuschauen
müssen wie das Stückchen herunter gefallene Salami oder der Brocken Obst von
den Großen weg gemopst wird...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen