Es war einmal ein Mann, den selbst
Wohlwollende nicht als Märchenprinzen bezeichnen wollten, aber er lebte auf
einer Burg und ward dort einigermaßen wohl gelitten. Kein Typ zum
Pferdestehlen, aber zum exzessiven Wildschwein-Fressen hätte er getaugt, wenn
seine jagenden Nachbarn ihm denn von denen mal eines abgegeben hätten...
Es gingen die Jahre ins Land, und weil sich
unser Held immer mehr in seine virtuelle zurück zog, gab er der realen Welt
Gelegenheit zum Vormarsch. Das schuf diverse Feindbilder, von denen es jedoch
keines schaffte, ihn derart herauszufordern wie die kletternde Variante des
ansonsten so herrlich duftenden Jasmins. Beharrliche Burgbrief-Leser werden
jetzt in verblasster Erinnerung aufstöhnen: „Nicht schon wieder das Klagen über
grenzenloses Wachstum!“
Aber das muss doch mal geschrieben werden! In
Zeiten der Krise, wo sich alles und alle zurücknehmen, glaubt ein in schrofigem
Fels wurzelnder Jasmin, er könne sich alles herausnehmen – quasi ohne Rücksicht
wuchern und wachsen. Was hat der Mann von der Burg nicht alles unternommen, um
der Okkupation durch dieses doch eigentlich unterversorgte Gewächs Herr zu
werden.
Nächtens rückte er ihm mit der deutschen
Gardena-Gartenschere auf den rankenden immer blühenden Pelz. Aber was so ein
italienischer Jasmin ist, ignoriert natürlich derart teutonisch eingrenzendes
Unterfangen. Der Hydra gleich, produzierte er für jede abgeschnittene Ranke
zwei neue. Und er wusste, wo er seinen Feind zu stellen hatte; in dessen
Arbeitszimmer.
Vor Halbjahres-Frist noch brutal gekappt, war
er im April schon wieder auf Augenhöhe mit seinem Widersacher. Der riss zwar
noch brutal die Schlagläden aus der lähmenden Umklammerung, aber konnte dann
doch nicht verhindern, dass Ende Mai die Fenster schon zugewuchert waren und
die vielen herein drängenden Blüten nur
ein schwacher Ausgleich für das schwindende Tageslicht waren.
Dann passierte etwas, das den bereits
aussichtslosen Kampf endgültig zu einer vernichtenden Niederlage machte: Ein Crash des Burg-Computers schnitt
unseren Mann komplett von der Welt da draußen ab. Die vorübergehende Aufgabe
seines Arbeitszimmer nützten die Kohorten des Kletter-Jasmins gnadenlos aus.
Weil die Hitze ein Schließen der Fenster nicht zuließ, rissen sie die
Fliegengitter ein, wucherten über Drucker und Fax und erreichten vor kurzem den
Schreibtisch, die Tastatur, sowie den Bildschirm. Ganz tief aus dem grünen
Gerank flimmert nun nur noch das blaue Lichtlein eines in der Agonie
speichernden Motherboards. Wird irgendjemand irgendwann diese letzte Nachricht
lesen?
„Hallo? Ist da draußen irgendeine beherzte
Prinzessin, die mich hier raushaut? Die Hoffnung stirbt zuletzt. Euer
Dornjasminchen – Mann, ist das heiß hier!“
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