Donnerstag, 27. Juni 2024

Wetter mit allen Wassern gewaschen

Meine Burg-Bauernregel besagt: Plagt den Blogger eine Bloggade, schreibt er über die Hitzegrade. Pustekuchen! Von wegen Hitze. Seit bald drei Wochen schauen wir auf die Temperaturen in München, und es packt uns blanker Neid, weil wir auf der Burg aus den Pullovern nicht heraus kommen. Der Juni hat das hier schon öfter gemacht. Uns herauszufordern, tatsächlich noch die Heizung anzuwerfen.  

Unsere Schweizer Edelgärtnerin erzählte, dass sei schon das ganze Jahr so. Deshalb sei im Orto alles viel zu spät dran, und ihre Hühner legten nur kleine Eier.

Der feuchte Nebeldunst, der seit unserer Ankunft die Sonne verschleiert, hat es in sich, denn er steckt voller Sahara-Staub. Die Fenster sind graugelb verschmiert und die fürsorglichste aller meiner Ehefrauen kämpft immer noch einen aussichtslosen Kampf, die Fliesen und die Blumen auf der Dachterrasse wieder und wieder von den Schlieren zu säubern.

Kommt stärkerer Wind aus Südwest, reißt er zwar den Nebel auf, aber bringt auch Nachschub aus der Wüste. Wenn mein Computer automatisch als Vorschau "soleggiato" - also sonnig - ankündigt, vermeldet er nur die halbe Wahrheit. Er verschweigt, dass hinter jedem zweiten Sonnenloch, Wolken-Geschwader bedrohlich langsam auf uns zuziehen. Hinter zwei weißen Wattebäuschen lauert wieder eine dunkelschwarze, wasserschwere Wolke, die, um über den Ginster-Pass zu kommen, einfach ihr Wasser ablässt. Das ist dann kein feiner Sonnen-Regen, sondern der Regen platscht im Schwall herunter, als öffnete einer uns Feuerflieger gezielt seine Luke. Dann ist es in Kombination mit dem nächsten Sonnenloch für Stunden so, als hätte ein Wetter-Riese auf den Dächern des Burgbergs einen Sauna-Aufguss gemacht. Gesund geht anders.

Aber dürfen wir uns über so harmlose Wetter-Kapriolen überhaupt noch aufregen, wenn andernorts Wasser hernieder bricht, das mit allen Wassern gewaschen ist, und die Infrastruktur mit unbegreiflicher Wucht zerstört? Gerade noch sind wir vom San Bernardino heruntergefahren und haben auf einer Steilrampe hoch über dem Ticino übernachtet. Vor ein paar Tagen hat er die relativ neue Autobahn-Brücke bei Lostallo derart fortgerissen, dass bis Ende nächsten Monats zumindest eine Fahrbahn wieder hergerichtet werden muss, um die Schweiz vor dem Verkehrs-Kollaps in den großen Ferien zu bewahren.
Quellen: NZZ, ad-hoc-news.de und Tagesanzeiger
Die Autobahnbrücke bei Lostallo

Zerstört: das Zentrum von Zermatt

Und in meinem einstigen Lieblings-Skiort Zermatt hat das Wasser Felsen durch die Gassen geschoben und den Ort von der Außenwelt abgeschnitten, weil davon ja auch die Bahn betroffen war.

Dass es angesichts der Zunahme weltweiter vom Wetter bedingter Katastrophen überhaupt noch Leugner des extremen Klimawandels gibt und die Politik trotz aller Lippen-Bekenntnisse nur im Schneckentempo dagegen angeht, ängstigt mich nicht mehr. Die Angst wich schleichend einem Fatalismus, mit dem ich mir vor Augen führe, dass wir Menschen noch nicht einmal eine Mikrobe in der Erdgeschichte waren und sein werden.

Fassungslos steht ein Ammann vor Tonnenschwere Felsen. Die trieb das
Bächlein Trifti nach Zermatt hinunter

Wenn die Antarktis einst ein Dschungel-Paradies war, und unser geeintes Europa Meeresgrund, dann ist die Frage, ob es die Erde in Äonen noch gibt, überflüssig.

Es ist auch egal, ob die Auswirkungen der Klimakatastrophe nach der Erderwärmung in einer weitere Eiszeit enden. Galaktisch gedacht hat sich bei Astronomen in jüngster Zeit eine Theorie verbreitet, nach der man sich unsere Galaxis wie ein Tropfen in einem Regen von unzähligen Galaxien vorstellen müsse.

Ja wenn das so ist, dann wird die Aufforderung "carpe diem" noch sinnvoller für die aktuellen Generationen. Nur sollten die sich endlich nicht weiter mit Kriegstreiberei und Wertzuwachs verbringen; lieber mit Liebe und den Aggregatszuständen des puren Lebens...

 Auf ihr letzten Ritter des Glücks!

Quelle: freepik


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