Donnerstag, 13. Juni 2024

Von wegen Etappe

Wieviel Glück verträgt der Mensch im Unglück?
Ja, jetzt sind wir doch schon so alt, dass wir in zwei Etappen nach Italien wechseln müssen. Aber die halbe Strecke benötigt die doppelte Aufmerksamkeit. Dabei wollte mir die fürsorglichste all meiner Ehefrauen doch nur helfen, die knifflige Auffahrt zu unserer Unterkunft über dem Tal des Ticino zu finden. Weil sie links guckte, steuerte sie rechts an die Bordstein-Kante. Im grauen Licht des Schleier-Regens war  nur ein kleiner Schnitt zu sehen. Sonntagabend im Schweizer Nirgendwo? Wir wollten nichts wie weiter, aber was für ein Leichtsinn!


Die schmalen Serpentinen von Roveredo hinauf nach Verdabbio hätten schon den Sturz aus dem Paradies bedeuten können. Das versteckt am Berg liegende B&B, durch das man erst kommt, wenn man den sandigen Weg durch den Finsterwald nimmt, verschlug uns aber dann derart den Atem, dass wir den möglichen Reifenschaden sofort verdrängten:


Erninia die Wirtin erwartete uns schon mit ihrer Mutter am gemütlich flackernden Kamin. Es gab eine Marend mit Schinken aus eigener Produktion mit süffigem Weißwein sowie Kirschen aus Nachbars Garten. Später bekamen wir dann zum Abendessen, das, was die Großfamilie, die sich scheinbar wie gewohnt sonntags einfand, auch aufgetischt bekam. Glückselig fielen wir in dem schönen Doppelzimmer mit Balkon und Bad direkt daneben, in einen Schlaf, der trotz Blitz, Donner und Regenschwall so tief war, wie lange nicht. Aber seht selbst:

 

Als der Reifen am nächsten Morgen nicht so aussah, als habe er Luft verloren, fuhren wie arglos unter dem leer gefegten Himmel durch dieses einzigartige Panorama. Wir kamen bis kurz hinter Albisola an der ligurischen Küste. In einer scharfen Kurve mit Metall-Querrippen kurz vor Savona machte es bei der dritten Peng. Mein Frau reagierte glänzend, aber wir mussten aus dem direkt anschließenden Tunnel raus. Auf der flatternden Felge schafften wir das gerade noch.

Aber dann geschah das erste Wunder. Kaum hatten wir die Warnblink-Anlage aktiviert, hielt vor uns schon eine Auto-Transporter der die Havarie absicherte und uns mit geschulten Aktionen Huckepack nahm. Erstmals in unserem Autofahrer-Leben erlebten wir eine Fahrt in Schräglage. Sie fuhren uns direkt in Savona zu einem Reifen-Spezialisten, der uns gleich nach seiner Mittagspause sofort dran nahm: Das zweite Wunder.

Unsere Etappe dauerte so nur zwei Stunden länger als geplant. Wer weiß wie lange die Panne mit dem ADAC-Notruf gedauert hätte, und letztlich waren die 315 Euro, die diese prekäre Situation insgesamt gekostet hat, nichts gegen unsere Unversehrtheit.

Und versäumt haben wir letztlich auch nichts, denn unsere Zweitheimat empfing uns lausig kalt...

Da Erminia, Verdabbio, CH Tel. 00417957295 43, daerminia@bluewin.ch


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