Mittwoch, 26. Juni 2024

Doch noch einmal Fußball

 Heute vor 50 Jahren näherte sich der Höhepunkt meiner kurzen Karriere als Fußball-Schreiber. Weil ich zuvor schon viele Beiträge über Fußballer der Vergangenheit verfasst hatte und obendrein an fußballhistorischen Folianten mitgewirkt hatte, wurde ich nicht nur damit beauftragt, den Ghostwriter für die Fußball-Legende Fritz Walter zu geben, sondern man traute mir auch Reportagen über einige Schlüsselspiele an. Der Grund: Ich war schnell, denn das Buch sollte am Tag nach dem Endspiel im Handel sein.

Quelle: Copress

In den ICC-Zügen der Bundesbahn gab es damals schon ein Sekretariat, das ich bei der Hetze von einem Austragungsort zum nächsten für die Reinschrift nutzte. Wenn ich in München ankam, stand bereits ein Setzerei-Bote bereit, um meine Manuskripte in die Produktion zu bringen. Gute alte Zeit. Heute schickt man die Texte mit der Return-Taste direkt in die Druckerei. Ich selbst habe ja am Ende meines Arbeitslebens schon ganze Bücher ohne Papierfassung CTP (Computer To Plate) imprimiert.

Das Endspiel mit Weltmeister Deutschland durfte ich dann nur noch als "Fritz Walter" kommentieren. Meine definitiv letzte Arbeit zum Thema. Ich hatte die Vorgabe das Pfälzische Idiom von Fritz möglichst in seiner Syntax zu erhalten. Dafür musste ich vorher nur den Telefonhörer auf das Aufnahmegerät legen. Als der ORF 3 das Buch Tage später besprach, hätte ich vor Schreck fast auf der Inntal-Autobahn einen Unfall verursacht. Der Rezensent kam nämlich zu dem Urteil, dass "unser Werk", von Fitz Walter herausgegeben, eines der kompetentesten sei, er aber das selber Schreiben lieber den Profis überlassen sollte...

Bis heute habe ich nie wieder eine Zeile über Fußball geschrieben, und ich bin wirklich froh, dass ich das nicht mehr muss.
In den 50 Jahren ist Fußball ja zur weltweiten Geldmaschine geworden, und das wird auch bei der aktuellen EURO24 immer deutlicher. Die Spieler sind infolgedessen zu Künstlern und Akrobaten mutiert, die mit aufgeputzten Frisuren eine Athletik und Schnelligkeit auf den Rasen zaubern, die ohne die Zeitlupen-Einspielungen aus allen Winkeln, die Wiederholungen und die Video-Beweise oft für den Zuseher kaum noch nachvollziehbar sind. Die Schlachtenbummler rotten sich derweil - verkleidet wie Indigene auf dem Kriegspfad (komme ich ins Fernsehen?) - in fanatischen Fan-Kurven zusammen, zünden bengalische Lichter und erzeugt Lärmkulissen, die einem alten Mann wie mir schon mal Angst einjagen.

Damit ich richtig verstanden werde: Dieser Fußball passt in unsere Gegenwart, und doch geht es am Ende noch immer nur darum, ob das Runde in das Eckige gegangen ist.
Wenn ich meinen entsprechenden Sachverstand nicht verloren habe, dann tun sich Deutsche Mannschaften weiterhin schwer, wenn sie bereits an der eigenen Strafraumgrenze von giftigen Gegenspielern attackiert werden und vor dem gegnerischen Tor gar eine Fünfer-Kette wartet...
Die Ungarn haben das bei der EURO24 schon wieder entdeckt,  und die Schweizer haben diese Methode fast zur Perfektion imitiert und beinahe gewonnen.

Ich wage daher die Prognose, dass derzeit nur diese eine Mannschaft durch ihr stoisch überlegenes Pass-Spiel und die virtuose Ballbehandlung bis zum Ende mit jeder Taktik fertig wird:

Die Spanier!

Quelle: DFB


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