In diesen heißen Tagen, an denen alle zum Meer hinunter streben fällt die Bilanz zwischen mir und den Meeren dieser Welt nicht ausgeglichen aus. Das hängt nicht damit zusammen, dass ich wegen meiner Erkrankungen nicht mehr schwimmen und nicht mal am Strand hinein gehen darf, sondern dass meine Liebe zu ihm oder ihnen in ihrer Gesamtheit nicht derart erwidert wurde, dass ich heute meinen Frieden mit ihnen machen könnte.
Ich war zumindest an den Gestaden aller Ozeane. Die meisten - bis auf die Polar-Meere - habe ich sogar befahren, bin in ihnen geschwommen und getaucht. Ausgerechnet das Mittelmeer jedoch ist mir aus meiner Sicht so viel schuldig geblieben, dass er mir heute schwer fällt. mich länger in seiner unmittelbaren Nähe aufzuhalten. Dabei kam mir ja das "Mare-Monti-Konzept" hier in Ligurien letztlich als bester Alters-Kompromiss vor, denn eigentlich war ich ja seit meiner Jugend ein überzeugter "Atlantik-Mann".
Es ist jetzt schon ein paar Jahre her, dass ich mein kleines Fischer-Boot verkaufen musste, weil ich nicht mehr alleine hinaus fahren wolltte, und alle mir lieb gewordenen Mitfahrer verstorben waren. Beinahe zwei Jahrzehnte hatte es mir einzigartige Glücksgefühle von Einsamkeit und Freiheit vermittelt. Ob ich etwas fing, war dabei nebensächlich. Südlich war der Horizont, nördlich die auf Mini-Spielzeug-Größe geschrumpfte Küste mit den manchmal noch verschneiten Bergen dahinter. Ich lernte die Farbe des Wassers zu lesen und erfuhr im Sinne des Wortes, wie ich mit diesem kleinen Gefährt Wellen meistern konnte, die größer waren. Nur zweimal geriet ich dabei in Gefahr, weil ich die Schnelligkeit eines heran stürmenden Unwetters noch nicht einschätzen konnte. Bei den Rasanten Wetter-Wechseln im Klimawandel von heute wäre ich vermutlich untergegangen.Als hätte ich etwas erahnt, wollte ich meine Liebe zum Meer schon früh mit Phantasie zu fassen bekommen. Und wagte ich etwas, das Außenstehende vermutlich für Größenwahn halten:
Unter dem Titel "Der Mann vom Meer" begann ich, mir eine symphonische Dichtung auszudenken und nieder zu schreiben. Sie wird wohl unvollendet bleiben, obwohl der Handlungs-Ablauf, Texte aller Lieder ausgedruckt und alle Melodien samt Intermezzi fest in meinem Gehirn verankert sind. Leider habe ich in meinem Eifer nicht bedacht, dass meine Teilnahme am Musikunterricht derart unaufmerksam war, dass ich weder Noten lesen noch zu Papier bringen kann. Für meine "gute Note" konnte ich mich da stets auf meinen Bariton verlassen, der sowohl solo als auch im Schul-Chor sehr gefragt war und auch benötigt wurde...
So wird die Welt wohl davor bewahrt, sich das anhören zu müssen. Ich hatte immer davon geträumt, dass mein musikalisch multitalentierter Singer-Songwriter-Sohn, das mal so umsetzen würde, dass wir hier auf der Piazza in einer Multimedia-Schau mit seiner Folk-Rockband beim Zusammenspiel mit einem Klassik-Quartett die Premiere hätten durchziehen können...
Tempus fugit, und so ist auch "immer weniger Meer in mir". Vielleicht finden sich ja unter meinen Leserinnen und Lesern doch noch in Kompositions-Lehre Fortgeschrittene, denen ein Thema fehlt. Allerdings kann ich nur freie Unterkunft und Verpflegung anbieten.
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