Die Vorstellung von den bevorstehenden Gräueltaten und der zusätzlichen Hungersnot in Afghanistan lässt es vielleicht profan erscheinen, dass ich gerade heute über Brot schreibe. Aber irgendwie muss ich meine Wut auf die Welt ja zügeln, indem ich über etwas schreibe, was mir am Herzen liegt. Und wie meint die fürsorglichste Ehefrau von allen mehrmals täglich: "Wir können es ja sowieso nicht ändern!"
Es gab eine Zeit, da haben die deutschen Italien-Reisenden ein wenig verzweifelt auf das Angebot von Brotsorten geschaut. Mich konnte man seit der Kindheit vor allem mit den ungesäuerten Panini in Schnecken-Form jagen: außen hart aber nicht knusprig, innen langweilig pappig und im Mund aber dafür an Volumen zunehmend...
Hübsch anzuschauen aber pappig. Quelle:samskitschen.at |
Seit die Italiener aber uns angeblichen Reis-Weltmeistern überall auf der Welt Konkurrenz machen, haben sie auch Interesse an anderem Brot. Und sie lassen vor allem vergessene Rezepte rustikaler Backwaren aus den eigenen Gebirgs-Regionen wieder beleben. Allerdings sind die Bäcker, die so etwas allmorgendlich anbieten, meist Geheim-Tipps im Hinterland. Wie bei uns kommen sie in der Großstadt gegen die meist vorgefertigten Standards preislich nicht an.
Weil der zweimal wöchentlich stattfindende Markt rund um San Giovanni in Oneglia durch die Pandemie umgestaltet wurde, gefällt er uns mit seinem Überangebot an Klamotten nicht mehr und wir sind deshalb dem Angelo di Pane untreu geworden. Da sind wir einem nachbarschaftlichen Tipp gefolgt und haben eine winzige Bäckerei an der Piazza von Pontedassio ins Herz geschlossen. Der Laden ist kleiner als unsere Küche, und wie wir das bisher beobachten konnten, wird er allein vom Bäcker selbst und einer jungen, reichlich tätowierten und sehr freundlichen Verkäuferin geschmissen.
Der Laden ist kaum breiter als seine Eingangstür, fährt aber ganz groß auf und macht seinem Namen alle Ehre |
Neben dem Brot gibt es eine Reihe von casareccia gebackenen Keksen aber auch ein gutes Dutzend Varianten von Focaccie und Mini-Pizze, die einem das Kochen während dieser enormen Hitze ersparen.
Unser Focus liegt allerdings auf den Rustiche, die es in den Ausführungen morbide und crocante gibt.
Wir kaufen immer einen Wochen-Bedarf an den morbide, und deshalb erkennt sie uns schon hinter den Masken, auch weil wir unseren eigenen, voluminösen Brotbeutel mitbringen. Die Teile füllen zwei Schubladen unseres Tiefkühl-Abteils, und bevor jemand die Nase darüber rümpft: Kurz vor dem Essen herausgenommen, angetaut und dann für ein paar Minuten in den Ofen ergeben einen einzigartigen backfrischen Geschmack und eine Knusprigkeit, die wir in München leider nicht mehr erleben....
Fotos: Claus Deutelmoser |
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