Sich in andere hinein zu versetzten, ist weitgehend ein harmloses Abenteuer - es sein denn, die eigene Phantasie spielt einem dabei Streiche.
14 Tage lang war unser Burg-Berg wie ein Bienenstock. Nun, nachdem der Ferragosto-Trubel versiegt ist und die "Nächte der rollenden Koffer" weniger werden. stört eigentlich nur noch der Hubschrauber mit seinen Kontrollflügen die neue Stille. Da die leichten Regenfälle der vergangenen Tage, die herrschende Trockenheit kaum gemildert haben, wurde wohl die Frequenz der Überwachungsflüge erhöht. Abgesehen von einem unverbesserlichen Nachbarn, der durch das verbotene Verbrennen von Gartenabfällen durch die starke Rauchentwicklung in Richtung Dorfmitte die ganze Nachbarschaft in Panik versetzte, kam es bislang zu keinem der gefürchteten Brände.
Ja die Gassen! Sie waren damals genauso breit und eng wie heutzutage. Maximal vielleicht drei Meter, meist jedoch auch enger. Wenn alle Fenster im Hochsommer offen standen, war Privatleben so gut wie undenkbar. Zum Streiten musste man wohl in den Keller, und um Geheimnisse zu bewahren, half oft selbst das Liebesgeflüster durch Mauerspalten nichts (Shakespeare: Ein Sommernachtstraum) . Denn die Mauern der Häuser sind zwar mitunter bis zu einem Meter dick, aber unter ihnen sorgt ein Netz aus versteckten Gängen und geborstenen als Fundament gedachten Fels-Sockel für eine erstaunliche Schalldurchlässigkeit.
Mein Büro ist von 70 Zentimeter dicken Mauern umfasst |
Heute mögen ja die einstigen Trockenmauern in der Mehrheit modern verputzt sein, dafür leiten die glatten Oberflächen außen aber jedes Geräusch in der Enge so um, dass es kaum möglich ist, die Herkunft der Gespräche ohne Kenntnis der Personen abzuleiten. Wir haben hier eben recht ulkige Schallmauern.
Wenn ich morgens noch im Bett liege, höre ich beispielsweise die Piazza-Pflege unserer geliebten Professoressa, als fegte sie auf meinem Kopfkissen: Schrapp, schrapp, wusch! Das ist eigentlich ein ganz leises Geräusch, und mein Schlafzimmer liegt im ersten Stock in der Nachbargasse. Die nach Westen offene Piazza wirkt aber offenbar als ein Schall-Gewölbe, wie man sie von früheren Kurpark-Konzerten kennt.
Nicht dass wir Bewohner rund um die Piazza uns daran störten, dass man unsere Gespräche überall im Dorf hören kann. Meine Fürsorgliche und ich brüllen uns ja schon bei intimer Konversation auf der Bank so laut an, dass man meinen könnte, wir stritten. Wenn sich dann noch die Prinzessin der Zinnen temperamentvoll von oben herab am Gespräch beteiligt, sowie Dorf-Lautsprecherin Danna von unterhalb der Treppe ihren Senf dazu gibt, wird in den "Hörgängen" der alten Gemäuer öfter der Schall gebrochen als durch die Flüge der NATO-Jäger, die über unserem Tal gerade gerne mal den Ernstfall proben...
Quelle: de.gofreedownload.net |
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