Montag, 30. Mai 2022

Elster gegen Blaumerle, Gekko gegen Mauersegler


Widdewidde: Wir wissen ja nicht erst seit Pippi Langstrumpf, dass wir Normalos uns die Welt nicht machen können, wie sie gefällt. Der deutsche Text zur Erkennungsmelodie der beliebten TV-Kinderserie war ja auch jahrelang Gegenstand eines Urheberrechts-Streits, der erst vor kurzem mit einem fairen Vergleich endete. Das wäre ja im Prinzip das Gute bei uns Menschen. Dass wir gegebenenfalls zu Kompromissen finden.

Eins, zwei, drei und futsch ist das Ei
Quelle pixabay
Im Krieg sind wir jedenfalls unerbittlich, und es hat ja auch elend lang bis zu den Genfer Konventionen gebraucht, um die rechtsfreie Zone der staatlichen Auseinandersetzungen mit Waffen, wenigstens auf dem Papier mit ethischen Regeln zu belegen. Es bedurfte zwischen 1949 und 1977 jedoch einiger Zusatzprotokolle bis sich ihnen 197 Staaten anschlossen. Keiner hätte wohl gedacht, dass sie in unseren Tagen noch einmal derart mit Füße getreten würden, wie bei der "Spezialaktion" der Russen in der Ukraine..

Kompromisse sind im Tierreich gänzlich undenkbar. Das gilt besonders für den Luftraum über unserem Borgo, seit die Vogelschar derart mengen- und artenmäßig angewachsen ist. Nur zwei Beispiele:

Hat eindeutig das Nachsehen. Da kann
sie den Kopf noch so sehr hin und her drehen.

Quelle: dreamstime,com
Die Elstern sind nicht nur in München auf dem Vormarsch, sondern auch hier in den ligurischen Tälern, Gestern noch in der Morgendämmerung wurde ich von einem ziemlich großen Exemplar -gegenüber auf der Dachrinne sitzend - geweckt. Was für ein bösartiges Meckern!. In München sind ihr Frühstück Tauben-Eier. Hier locken die Gelege der Blaumerlen,. Da kann die schlanke und elegante Amsel-Art noch so viele Attacken fliegen. Allein schon der Größenunterschied sichert den schwarzweißen Räubern aus der Raben-Familie die Lufthoheit...

Die Mauersegler hingegen müssen in der Luft nur die  immer selteneren Sturzflüge  der Falken fürchten. Aber sie sind den selbst aus  Eiern in Mauernischen geschlüpften Bodentruppen der Gekkos und ihren Kletterkünsten ausgeliefert. Durch ihre unermüdlichen Versorgungsrunden bedingte Abwesenheit sind die körperlich robusteren Reptilien eine  erste Gefahr für die winzigen Eier in den Nestern der Segler. Da können ihre Schlupfwinkel noch so joch in der Wand versteckt, klein und eng sein. Da kommen auch große Gekkos rein.
Der Kollateralschaden: Kommt ein Mauersegler zurück, wenn sich noch ein Gekko in seinem Gelege befindet, purzeln die übrigen Eier oft heraus und zerschellen dann unten auf der Piazza. wo sie von anderen tierischen Burgbewohnern genüsslich aufgeschlabbert werden...

Ist der Spalt auch noch so klein, ein Gekko kommt da immer rein
Quelle: de.dreamstime-com


Freitag, 27. Mai 2022

Wer drängelt Draghi?

Allein die Gesundschrumpfung des
Parlaments um gut ein Drittel 2019
 machte da ja schon jeden einzelnen Sitz
noch "wertvoller"
Quelle: DW
Den Vorsatz, mal ein halbes Jahr nichts mit politischem Inhalt zu posten, muss ich angesichts des unvorstellbaren politischen Gerangels in meinem Gastgeber-Land leider jetzt schon über Bord werfen.
Seit 2018 gab es in Italien keine Parlamentswahl, wohl aber drei neue Regierungen. Jedoch kein Wahlvolk Europas ist derart kritisch aktiv aber auch schnell umzustimmen wie das Italienische - wenn man es denn ließe. Das wissen seine Politiker und deshalb wird gerne mit Koalitionen regiert, die schnell wieder auseinanderfallen können. Hauptsache man bleibt im Parlament und sichert sich weiter Bezüge, die  weltweit - in Europa allerdings wirklich - an der Spitze rangieren. Italienische Parlaments-Mitglieder erhalten neben zahlreichen geldwerten Vergünstigungen durchschnittlich mehr als 16 000 Euro monatlich, Das ist mehr als das Doppelte von Bundestagsabgeordnet/innen.

Staatspräsident
Sergio Mattarella
Dann trat während der Pandemie, die Italien am härtesten traf, wieder einmal ein Zustand der Unregierbarkeit auf. So sprach der Greise Staatspräsident Sergio Mattarella mit seiner 80jährigen Weisheit ein Machtwort und holte den EZB-Profi Mario Draghi als Ministerpräsidenten. Der wiederum stellte sein Kabinett aber lieber aus Experten zusammen und griff nur vereinzelt auf politisches Personal zurück,
Seit Beginn seiner Amtszeit am 12. Februar 2021 wurde er im immer weniger katholischen Italien gewissermaßen als Messias gefeiert, der das Land nicht nur vom Abgrund zurück führte, sondern auch in Windeseile auf Stabilität programmierte. Mattarella wurde im Januar 2022 zum Dank für weitere sieben Jahre  Amtszeit als Präsident bestätigt. Er wäre an ihrem Ende stolze 87, und hat dann quasi für den Notfall  schon seinen geeigneten Nachfolger im Wartestand: Mario Draghi.
Ministerpräsident
Mario Draghi

Aber was machen die Machthungrigen mit einem Messias, der seine Schuldigkeit noch nicht getan hat? - Sie versuche ihn zu kreuzigen,

Der parteifreie Mario Draghi hat beim Wahlvolk noch immer Zustimmungswerte von über 60 Prozent, während die  Parteien für sich betrachtet auch wegen des Ukraine-Krieges in Meinungsumfragen drastisch abstürzen. Die nächsten regulären Wahlen rückten immer näher und auch die Halbwertzeit für nicht gewählte Italienische Regierungen, die bei etwa 18 Monaten läge. Da wurde es nun aber wirklich höchste Zeit, um über Umgruppierungen im Parlament nachzudenken! Dazu müsste man dem Messias aber den Nimbus nehmen...

"War Draghi etwa schon zu lange der Richtige?", fragte Anka Miller vom ARD-Studio in Rom vor kurzem sarkastisch in einem Beitrag. Regulär stünden bald Wahlen an, bei denen die Sterne-Partei und die Lega vor allem wegen ihre bisherigen Haltung zum Kreml Verluste hinnehmen müssten. Dass ein Experten-Kabinett wirkungsvoller regieren kann als eines aus Berufspolitikern sitzt als Stachel tief im Italienischen Parlament. Hinzu kommt, dass Wähler den Populisten schnell vom Banner springen, wenn sie merken, dass es denen nur um sich und  nicht ums "Populo" geht...

Allerdungs hätte Draghi tatsächlich eine unpopuläre Schwäche, die er mit unserem Kanzler Scholz teilt. Die beiden eint schon seit der früheren Zusammenarbeit von EZB-Chef und Bundesfinanzminister, dass sie lieber erst Fakten zu schaffen, um dann später nicht wirklich erläuternd drüber zu reden.

Mittwoch, 25. Mai 2022

Mit dem ist gut Kirschen essen

 Zugegeben, das Sprichwort aus der Überschrift war eher einige Generationen früher populär. Aber da ich ja auch ein wenig ein Sprachbewahrer sein möchte, benütze ich in meinen Post auch gerne mal althergebrachte Redewendungen.

Die Kirschen in Nachbars Garten schmecken
immer süßer, meint ein anderes
Sprichwort - über Neider. Der Fredo zeigt
diese Charakter-Schwäche gewiss nicht!
Foto. Claus Deutelmoser

Diese Übereschrift ist aber eine aktuelle Huldigung an den Fredo. Auf der Burg kommt keiner in unserem Alter daran vorbei, gelegentlich Hilfe in Anspruch zu nehmen- Wir kennen den Fredo seit mehr als zwei Jahrzehnten. Damals noch als junger Mann fiel er uns durch seinen herrlichen Bariton auf, wenn er leise nach seiner Tante rief. Seine Tante kam, als sie noch hier oben lebte, als unermüdliche Seelensammlerin in meinen Briefen vor. Sie ging recht streng mit ihrem Neffen um, obwohl der ihr gegenüber von unermüdlicher Hilfsbereitschaft war. Das hatte nichts damit zu tun. dass sie als Kind  beim Spielen mit einer Granate einen Unterarm verlor und fortan verbiestert war. Auch weil sie eine Prothese tragen musste, war sie ja nie schlecht gelaunt. Sondern im Bewusstsein ihres unerschütterlichen Glaubens, wollte sie als Sonntagsschul-Lehrerin mit Strenge die Kinder des Dorfes in jenen Lockeren Zeiten auf Spur bringen. Den gerade verstorbenen Vicenzo - als der schon grauhaarig war - kanzelte sie auf der Piazza einmal für sein heimliches Rauchen ab, obwohl er seine Zigarette längst ausgemacht hatte, als er sie in der unteren Gasse aus ihrem Haus treten hörte...

Aber zurück zu Fredo. die Jahre gingen ins Land. Die Tante musste nach einem Hausunfall ins Altersheim, in dem sich unwesentlich später, ihre Schwester, Fredos Mutter. zu ihr "gesellte". Es spielte dort keine Rolle, ob sich die Schwestern grün waren oder nicht. Sie landeten im gleichen Zimmer. Dem Hörensagen nach haben sie diese "Heimsuchung" im Alter wohl als Willen Gottes akzeptiert.

Aber was macht der Mittfünfziger Fredo nun mit seiner unbeanspruchten Fürsorge. Was wäre dieser Mann mit seinem freundlichen Gemüt für ein Vater und Ehemann geworden? Aber dass die Rockzipfel einer Mutter recht klebrig sein können, habe ich bei gestandene Männern in meinem Freundes- und Bekanntenkreis mehr als ein Dutzend mal erlebt.

Meine fürsorgliche Ehefrau und Fredos Fürsorge haben sich gesucht und gefunden. Und der eigentliche Profiteur davon bin vor allem ich, Seit ich schmerzbedingt manches nicht mehr schaffe, hilft er gerne. Die Cantina musste von den Überbleibseln der Jahre befreit werden. Fredo und ein Freund hatten sie in Windeseile entrümpelt. Unser Lorbeer-Baum auf der Piazza wurde samt Terrakotta-Kübel vom Wintersturm zertöppert; über Nacht war er entsorgt. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass der Fredo auf seinem Grundbesitz irgendwo eine Stelle gefunden hat, wo er versucht, den alten Lorbeer noch einmal aufzupäppeln.

Und jetzt zurück zur Überschrift. Außer für sein hervorragendes Öl will er von uns nie Geld annehmen Ganz im Gegenteil wir bekommen noch Zuwendungen aus den Gärten der beiden Schwestern, die er hingebungsvoll betreut. Jetzt im Mai stand auf einmal ein großer Teller erntefrischer Kirschen auf dem Tischchen vor der Haustür. Da meine Frau allergisch auf Kirschen reagiert, kaufen wir sie nie. Aber ich weiß, wie die Preise auf dem Markt in zwei Jahrzehnten explodiert sind. Das Pflücken geht ja nur in Handarbeit.

Da kam mir der Gedanke, einmal nachzuforschen welchen Ursprung diese alte Redensart hat. Es stellte sich heraus, dass Kirschen schon immer eine besondere Kostbarkeit waren, und dass einer, mit dem gut Kirschen essen war, sich durch Gastfreundschaft, Ruhe und Großzügigkeit auszeichnete.

Besser ist der Fredo, wohl nicht zu beschreiben.

Leider gibt es keine adäquate, sinngebende Übersetzung ins Italienische.

Montag, 23. Mai 2022

Denke ich, ich bin, nur weil ich noch denken kann?

René Descartes
1596 bis 1650
 Cogito -  ergo sum! Mein alter Philosophen-Kumpel René Descartes hat an diesem Satz im17. Jahrhundert sein ganzes Denken fest gemacht. Ich denke, also bin ich?
Ich glaube, dieser Grundsatz ist in der Gegenwart kaum noch ausfüllend. Zum einen, weil wir meistens viel älter werden, als der gescheite Franzose, und zum anderen, weil wir vielleicht gerade noch in einer Zeit leben. in der die Gedanken einigermaßen frei sind... Descartes lief nicht Gefahr, der Demenz oder den Gebrechen des Alters anheim zu fallen und ihm blieb die lähmend lange Phase eines "verdienten Ruhestands" erspart.
Die Weisheit des Alters, die auch einen gesellschaftlichen Respekt bedeutete, ist nur noch in Ausnahmefällen anerkannt.
Neulich wurde Klaus von Dohnanyi in einer dieser mittlerweile ätzenden Talkrunden zum Ukraine-Krieg zugeschaltet. Der ehemalige Bürgermeister von Hamburg ist mit seinen 93 Jahren dialektisch und argumentativ derart präsent, dass sich Olaf Scholz da mal ein Beispiel dran nehmen sollte.  Und von Dohnanyi schreibt immer noch analytisch eindringliche Bücher (Nationale Interessen. Orientierung für deutsche und europäische Politik in Zeiten globaler Umbrüche. Siedler Verlag, München 2022, ISBN 978-3-8275-0154-7.)
Klaus von Dohnanyi
Fotos: wikipedia

Seht ihr! Da sind mir schon wieder die Gedanken davon galoppiert und haben sich gegenseitig auf die Überholspur gedrängt. Das passiert eben, wenn man zu viel Zeit zum Nachdenken hat. Denn eigentlich wollte ich über das schreiben, was mich gerade beim Morgenkaffee auf unserer Piazza-Bank umtreibt und mit der Endlichkeit unseres Daseins zu tun hat. Der Karten- und Kater-Freund Vicenzo ist im vergangenen Winter überraschend schnell gestorben. Die ruhepolige Lebend-Installation auf unserer Piazza fehlt, und in die Nachbarschafts-Lücke ist ein habgieriger Bruder gezogen, der auf Ärger gestriegelt ist. Das sind mit der "Tür der Zwietracht" also schon zwei weitere Störfaktoren. Als reichte es nicht. dass der wesentlich jüngere Ehemann von "La Perla" als Einzelkämpfer jetzt ein weiteres Haus um die Ecke renovieren muss. Nur weil ihr Hoteliers-Sohn aus Rom wohl unmissverständlich nicht noch einen weiteren Sommer sein Wohnrecht mit dem gleichaltrigen Schwiegervater und seiner Mutter  teilen. wollte.

Da sich ja auch der Sindaco immer wieder in die Belange unserer Piazza einmischt, kam der vom einsamen Renovieren erschöpfte Daniele zu mir, und meinte wir drei verbliebenen Parteien sollten doch einfach die "Republica della Piazza Castello" gründen und einen unabhängigen Status wie San Marino anstreben....

Wir stecken hier oben mitten in einem kleindörflerischen Generationsproblem. Da hilft kein Denken oder Philosophieren da müssen die jungen Haie ran. Und wenn es nur um den vierten Mann beim Kartenspielen ginge...

Warten auf due jungen Haie
paint-collage Claus Deutelmoser

Freitag, 20. Mai 2022

La nuova Porta della discordia

Die neue Tür der Zwietracht 

Sukkulenten müssen von den Blumen-Feinden eben nicht gegossen werden






In der Statistik des europäischen Wohneigentums liegt Italien bei 72 Prozent im Mittelfeld  - gleichauf mit den Belgiern aber weit vor den Deutschen . Aus meiner ligurischen Sicht der Dinge wäre Italien beim nicht genutzten Hausbesitz in einer Spitzenposition. Das liegt nicht nur an der Definition, was ein Haus ist, sondern auch an den Jahren seiner Existenz. Wenn Haubesitz vererbt wird, kommt es oft zu kuriosen Teilungserklärungen. Das wissen wir, seit wir für unser Haus ein Zimmer zusätzlich mit eigener Katasternummer erworben haben, das zwar optisch und räumlich Teil des unseren war, aber jemand anderem gehörte. Mit der neuen Durchnummerierung von Castello hat unser Haus allein drei Hausnummern, weil es eine separate Cantina in der unteren Gasse  und eine Außentreppe samt Eingang in der oberen hat. Demnach hätte es drei unterschiedliche Eingänge, und dafür gibt es je eine Extranummer. Denn es könnte ja sein, dass unser Erbe eines Tages einmal derart zerstückelt werden muss, dass Cantina und oberer Wohnbereich vom unteren getrennt genutzt wird.

So war zuvor der Schandfleck bunt dekoriert.
Und vererbt wird hier oben bis zum Abwinken. Don Marino, der nach seinen drei hundertjährigen Schwestern als Ältester im vergangenen Jahr verstarb und  seinen unüberschaubaren Haus- und Grundbesitz der ebenso unübersichtlichen - zum Teil zerstrittenen  - Verwandtschaft innerhalb und außerhalb der Gemeinde hinterließ, sorgt noch aus dem Grab heraus für eine seiner einst für ihn typischen Teufeleien:

Unserer Eingangstür gegenüber hatte  er neben mehreren  Häusern im Burgkomplex  ein ummauertes Abteil, in dem er - fein in Plastik verpackt - seine Sonntags- und Ausgeh-Kleidung lagerte ( er selbst wohnte ja in einem schön vom Wein umrankten Haus an der oberen Piazza). Die Tür ließ er quasi verrotten, damit niemand auf die Idee käme, dass sich dahinter Schätze verbergen könnten. Neffe 1 aus dem einen Teil der zerstrittenen Verwandtschaft erbte den Holzverschlag unterm Torbogen. Das war das Abteil von dem ich angeblich einst den Schlüssel gestohlen haben sollte, um Don Mario zu ärgern. Neffe 2 aus der anderen Sippe, der ihn als staatlicher Krankenpfleger bis zum Ende wirklich aufopfernd betreut hat, erbte den Kabuff uns gegenüber.

Als deutliches Zeichen des neuen Eigentums ließ dessen Mutter die verrottete Tür austauschen- Und damit sie auch jeder gut zu Gesicht bekäme, ordnete sie radikal an, alle Pflanzen zu entfernen, die die Schand-Tür auf Jahre verbrämt hatten. - Ihr gutes Recht, aber sie ließ die überlebenden Pflanzen derart umgruppieren, dass das optische Verhältnis aus dem Gleichgewicht geriet.

Nicht zuletzt durch ihre Blütenpracht
ist unserer Piazza ein Touristen-Magnet

Alle Fotos: Claus Deutelmoser
Damit nicht genug, vorgestern hat sie den Bürgermeister aufgestachelt, den nun derart dichten Pflanzenstand zu beanstanden...
In großer Eintracht haben die Musik-Professoren und meine Frau in den vergangenen Jahren die Piazza zu einem wahren Schmuckstück gestaltet, das von Reisegruppen aus aller Welt gerne besucht wird- Gestern war eine amerikanische Reisegruppe unter italienische Führung hier, der ich das ganze Drama der neuen Zwietracht  brühwarm erzählte. Vielleicht kommt das ja auch dem Bürgermeister zu Ohren. Der allerdings scheint sich für das touristische Schmuckstück seiner Gemeinde nur zu interessieren, wenn er bei großen Sippen durch derartige Aktionen Wählerstimmen generieren kann.





Mittwoch, 18. Mai 2022

Wo sind sie denn nur alle hin?

Am westlichen Peer liegen zur Zeit nur
zwei Yachten, auf der östlichen
Seite liegen nur noch - wie immer - die Fischerboote
So leer wie zur Zeit war der Peer von Oneglia in den zwei Jahrzehnten nicht, in denen wir die dort geparkten Super-Yachten detailliert bestaunen konnten.

Gut, wir lesen allenthalben von enteigneten oder "an die Leine gelegten" Schiffen der russischen Oligarchie. Aber solche, die 400 (Hamburg) bis 650 (Marina di Carrara) Millionen an Wert darstellen, lagen in Oneglia eher selten, Die größte und teuerste war vor einigen Jahren die "Radiant" von  Pjotr Abrassimow.

Weltweit sind bald 20 Oligarchen-Yachten im Gesamtwert von mehr als zwei Milliarden Euro im Rahmen der westliche Sanktionen gegen Russland festgesetzt worden.

Das ist natürlich im Vergleich zu den der Ukraine durch die "Spezialoperation" zugefügten Schäden nur ein Klacks. Zudem deutete Annalena Baerbock bereits an, dass einer Verwertung  der Yachten und ein Weiterreichen der potenziellen Erlöse an die Ukraine nur über sehr komplizierte und langwierige juristische Verfahren zu erreichen sei.

Die vor einigen Jahren für viel Geld
installierten Service-Stationen
bleiben ungenutzt.
Fotos: Claus Deutelmoser
Die Italienische Guardia di Finanza kann da wegen Verstößen gegen das hiesige Steuer-Recht und den Zoll-Bestimmungen schon wirkungsvollere Hebel ansetzen. Es ist anzunehmen, dass sie im Zuge der Recherchen in diversen Yacht-Winterlagern  und Werften auch ihre Landsleute verschärft unter die Lupe genommen haben. Da werden die Yacht-Besitzer, die Steuerkürzungen begangen haben, mit ihren Booten wohl schnell noch Reißaus zu den Emiraten oder nach Nordafrika genommen haben. Und alle, die unter Steuerspar-Flagge geschippert sind, verzichteten wohl auf die hier im internationalen Vergleich billigeren Liegekosten rund um den Stiefel. Anders ist der Schwund wohl kaum zu erklären.

Hart trifft es dadurch aber auch die im letzten Jahrzehnt in die Küste gefrästen noch defizitären, neuen Marinas, und die Ship-Chandler und Reparatur-Werften, die zuvor immer volle Auftragsbücher hatten. Der Krieg in der Ukraine offenbart mit jeder weiteren Sanktion eben auch Widerhaken für die Wirtschaft. Davon sind die Superarmen genauso betroffen wie die Superreichen...


So sah es zu normalen Zeiten an den Plugins aus
Quellen: loveliguria (oben) booking.com (unten)









 

Montag, 16. Mai 2022

Die wundersame Vermehrung der "F***-Schachteln"

Wir haben alles perfekt vorgefunden. Deshalb der erste Brief 2022 schon heute!

Mein vor leider mehr als 20 Jahren verstorbener Freund Rainier verlebte seine letzten Jahre an der Cote D'Argent unweit von Bordeaux. Er konnte sich fürchterlich über die Camp-Mobile aufregen, die in die naturgeschützte Dünen-Landschaft vordrangen, damit sie es näher an die abgelegeneren Strand-Abschnitte hatten. Weil zur selben Zeit die Gunst-Gewerberinnen zunehmend in ganz Deutschland - um die Straßenprostitution zu umgehen - ihren Beruf aus solchen Gefährten ausübten, nannte Rainier sie Hasserfüllt "F***-Schachteln".

Quelle:welt,de

Als wir gestern zurück nach Italien fuhren, war der Gegenverkehr auf der gesamten Strecke enorm dicht, während wir zügig und ungestört vorankamen. Wir hatten die Muße auch ein Phänomen zu beobachten, das seine Initial-Zündung wohl durch die pandemischen Beschränkungen der letzte beiden Jahre erfahren hatte:
Noch nie hatten wir zuvor unterwegs gegenüber und vor uns derart viele und vor allem hochwertige Camp-Mobile gezählt. In den alten Jargon Rainiers verfallend, stieß ich zum Erstaunen meiner Fürsorglichen den Satz aus: Da scheint ja offenbar die ganze Welt in "F***-Schachteln" unterwegs zu  sein.

Fast so lecker wie Hummer:
In Olio verde geschmorte
Capelunghe-Muscheln
Quelle: tripadvisor


Meine Frau hätte nicht so viele Beinamen, ginge ihr nicht sofort wieder eine Erläuterung von den Lippen:
"Neben diversen Impfstoff-Erfindern, Masken-Herstellern waren die Verleiher und Produzenten von Campern vermutlich die einzigen Tourismus-Profiteure. Denk nur mal - die Hotels geschlossen, keine Restaurants, nur eingeschränkter Flug-Betrieb - da war so Komfort-Schneckenhaus schon eine Super-Sache, um doch unterwegs zu sein. Muss ich dich wirklich daran erinnern, welchen Reise-Spaß wir vor 50 Jahren mit dem Westfalia-VW-Bus deiner Eltern bei unserer Europa-Rundreise hatten? Capelunghe bei bei Port LaNouvelle direkt am Strand gekocht. - In Rom parallel zur Via Veneto zur luxuriösen Abwechslung vor unserem Hotel geparkt, und als in San Sebastian der Regen-Sturm alle Zelte weggeschwemmt hatte, saßen wir bei Musik gemütlich im Trockenen und haben Mau Mau gespielt.."

Quelle: autobelle.it
Sie hatte ja recht. Da bekam ich auf einmal Sehnsucht nach der Reise-Unabhängigkeit von damals. Heute sind das ja rollende Luxus-Appartements auf kompaktem Raum- Da könnte man auch im Alter  schon noch einmal Lust aufs Vagabundieren bekommen. Ein Haus im Ausland zu haben, bindet einen schon sehr. Aber dieses Gefühl verfliegt dann recht schnell, wenn wir wegen der pandemischen Bewegungslosigkeit allerdings mehr schnaufend denn je im Licht der Nachmittagssonne auf der Piazza Castello vor Casanna stehen...