Beispielsweise ein Drogen-Dealer geht eingangs mit Mord und Totschlag gegen seine Konkurrenz vor, um noch mehr abzusahnen. Aber dann erfährt man im Verlauf der weiteren Handlung, dass er auf diesem Weg die einzige Chance sieht, seiner todkranken Tochter die unheimlich teure aber lebensrettende Operation zu ermöglichen. Damit diese fragwürdige Schieflage seiner Moral nicht aneckt, müssen die, die ihn eigentlich zum Schutz der Gesellschaft verfolgen, besondere Ekel sein: korrupte Polizisten, ehrgeizige Staatsanwälte, gnadenlose Richter - aber auch "Freunde", die sich als "Verräter" verdingen...
Er quatscht über Burger, tanzt mit der Frau vom Chef und bringt ganz nebenbei Leute um: John Travolta als Vincent Vega in Tarantinos "Pulp Fiction" Quelle: ping |
Ich habe den Film einige Male in verschiedenen Sprachen gesehen und gebe zu, dass ich immer begeistert war. Aber da war das generell Böse ja eher noch ein Abstraktum und nicht weltweit auf dem Vormarsch. Als Sohn eines Juristen nagte dabei aber immer schon in mir so ein Gefühl, dass ich mich habe hinreißen und verführen lassen.
Der Antagonismus zwischen Gut und Böse ist so alt wie die Menschheit, und so lange sind Künstler aller Epochen mit ihren Werken auch zurecht inspiriert. Aber in der Faszination die vom Bösen ausgeht, steckt auch immer die Gefahr, dass man das Gute zu wenig schützt.
Potentaten stapfen gnadenlos über Errungenschaften zur Macht, dass einem angst werden kann, die Demokratie sei ein Auslaufmodell und der Spaß am Bösen das Politikum der Zukunft.
In einem gnadenlos miserablen ARD-"Tatort" vom vergangenen Sonntag sagt der Krankenhaus-Pfarrer - dargestellt von Heinz Hoenig : "Der größte Erfolg des Teufels ist, dass er uns hat glauben lassen, es gäbe ihn nicht!"
Wer lässt sich nur solche Zeilen einfallen? Natürlich gibt es keinen Teufel. Aber es gibt auf der Welt Millionen von Menschen, die gerne Teufel wären, und einige con ihnen kommen sogar mit Hilfe von Kirchen-Fürsten an die Macht.
Ich war vor einiger Zeit in zwei Übersee-Departements Frankreichs auf Reportage. Auf der Insel La Reunion im Indischen Ozean gab es in einem Hain an der Straße zu meinem Hotel eine "Weihestätte" für den Baron Samedi. Auf den Lava-Brocken lagen blutrote Schleier, Opfergaben wie abgeschnittene Hühnerköpfe, und Kerzen in gespenstischen Gestaltungen brannten offenbar Tag und Nacht. Ich bat meinen Taxifahrer von dessen Rückspiegel ein Rosenkranz baumelte, zu halten, damit ich fotografieren könne. Er riss entsetzt die Augen auf.
Als ich wieder einstieg, wies ich auf den Rosenkranz hin, und fragte, ob er dem "Baron" auch opfern würde. "Natürlich, ich muss mich gegen das Böse ja schützen. Das machen hier auch die Hindus und Moslems."
Erstaunlich, weil ich den Voodoo-Kult bis dahin nur für karibisch hielt. Auf Guadeloupe hatte ich mal die Allerheiligen-Nacht mit Einheimischen auf dem Friedhof verbracht. Da trat der Baron aber in Form verkleideter Jugendlicher auf, und wurde nicht mehr ganz so ernst genommen...
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