Nach einschlägigen Begegnungen der besonderen Art würde ich mich noch nicht einmal mit so einer Weste, wie sie unsere postina trägt, oberhalb des Borgos begeben. Selbst wenn auf ihr stünde : Non sparare! Io non sono un cinghiale! Nicht schießen! Ich bin kein Wildschwein!
Aber blöde Witze - wegen des "Überlesens" der zwei non - über die Jagdleidenschaft unserer Gastgeber sind ja schon genug gemacht worden. Jedenfalls hallt jetzt unser Trichter-Tal nicht nur im Morgengrauen vom Schall der Doppelschüsse wider. Ganz selten mal, dass einer der verborgenen Schützen nur mit einem Schuss auskommt - knallt halt so schön.
Friedlicher geht es bei der Weinlese zu, die gleichzeitig begonnen hat. Falco und Giovanna haben unterstützt von ihren Kindern und Enkeln den ganzen Samstag von ihrer Ape transportierte Kisten mit Weintrauben zum Maischen ihres winterlichen Weinvorrates über die Piazza getragen. Natürlich sind wir auch wieder mit riesigen Trauben bedacht worden. Dabei ließ Giovanna nebenher anklingen, dass Falco im Weinberg zweimal umgefallen sei, weil er aus Eitelkeit seinen Stock abgelegt hatte.
Viele sind es hier oben nicht mehr, die ihren eigenen Wein keltern, und nicht jeder hat nach dem Rückgang der Geburtenrate genügend nepote als Erntehelfer. Denn auch die Netze unter den heuer schwer tragenden Olivenbäumen liegen schon zum Aufspannen für das Runterklöppeln des einst grünen Goldes bereit.
Es war ein gutes Jahr für jegliche Ernte. So kraftvoll grün waren die Berge um diese Jahreszeit noch nie, seit wir hier leben. Der Regen-Sonnen-Mix war wohl ideal, aber der Credit Agricol gibt Bauern, die schon Rente beziehen, nicht gerne Geld für spezialisierte Ernte-Helfer, die die bereits durch die EU subventionierte Öl-Gewinnung hier im weltweiten Extra-Vergine-Preiskrieg noch teurer macht...
Was wird werden aus einer der herrlichsten Kultur-Landschaften der Welt? Statt die Arbeitskraft der vielen Asylanten stur ungenutzt zu lassen, fällt der Politik vielleicht doch eines Tages noch ein, ihnen die Chance beim Einbringen überreichlicher Ernten und damit auch wieder Selbstwertgefühl zu vermitteln. Dann könnte das Ende eventuell zum Anfang werden...
Wenn da nicht welche wären, die mit den fascie etwas ganz anderes vorhaben. Von unserer Terrasse haben wir fast eine Vogelperspektive auf einen Ort am rechten Ufer des Impero. Als wir hier her zogen, konnte ich mich gar nicht genug satt fotografieren an seiner Struktur. Das war wie ein Landart-Arrangement aus einem Bildband: Um die schöne Kirche und die Wohnhäuser waren die Terrassen in einem zauberhaften Patchwork-Muster arrangiert.
Nach und Nach aber verschwanden auf den unteren Ebenen zunächst die Bäume, dann lagen die Pflanzflächen brach, und jetzt frisst sich eine Riesen-Baustelle in dieses Bild, die zweifelsohne am Ende mehr einbringt als die mühevolle Handarbeit bei den Ernten.
Unten links frisst sich die Großbaustelle in die Terrassen-Struktur |
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